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Baader Bond Markets: Europäische Zentralbank will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen
K. Stopp I Baader Markets - Bonds - 02.10.2014
So schnell ändern sich die Zeiten. Noch im Mai hatte der Euro an der Schwelle von 1,40 US-Dollar gekratzt, inzwischen aber ist die Gemeinschaftswährung auf 1,26 US-Dollar abgetaucht – das niedrigste Niveau seit mehr als zwei Jahren. Und so soll es auch sein. Zumindest wenn es nach den Vorstellungen von Mario Draghi geht. Seit der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) im Mai orakelt hatte, die starke Gemeinschaftswährung sei mitverantwortlich für die Deflationstendenzen in Europa, befindet sich der Währungskurs auf Talfahrt. Draghi sieht also nicht nur die Bekämpfung von zu hoher Teuerung als seine Mission an, sondern er will auch gegen Deflation vorgehen.
Dabei dürfte der EZB-Chef auch diejenigen Euro-Länder im Blick haben, deren schwächelnde Volkswirtschaften durch die Verbilligung der eigenen Währung wieder auf die Sprünge geholfen werden könnte. Die Abwertung folgt also einem Plan, mit dem Draghi zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen will: Zum einen sollen dadurch die Preise steigen, weil Importe teurer werden. Und zum anderen steigt Europa in einen Abwertungswettlauf der Währungen ein.
Letzterer wird neuerdings noch von zwei anderen Ländern betrieben, nämlich von Australien und Neuseeland – die ausgerechnet über Währungen verfügen, die vielfach als Fluchtwährungen dienen. Sowohl in Canberra als auch in Wellington setzen die Zentralbanken auf sinkende Währungen. Nachdem die beiden Gouverneure den australischen beziehungsweise den neuseeländischen Dollar entsprechend klein geredet hatten, begaben sich die Kurse prompt auf einen Sinkflug.
Die Frage ist nun, ob die globalen Finanzmärkte am Beginn eines neuen, großen, globalen Abwertungswettlaufs stehen. Zu befürchten wäre bei dieser Entwicklung, dass zwar einzelne Länder kurzfristig profitieren mögen, es am Ende aber nur Verlierer geben wird.
Zumindest eine Fliege, die Draghi mit seiner Geldpolitik schlagen will, die Abwehr der Deflation, ist mit Veröffentlichung der jüngsten Inflationszahlen im Euroraum in weite Ferne gerückt. Schließlich ist im September die Teuerungsrate im Euroraum auf 0,3% gefallen.
Geldpolitik steht vor dem nächsten Sündenfall
Mit der Nachricht, dass die Inflation im Euroraum auf 0,3% und damit den tiefsten Stand seit Oktober 2009 gefallen ist, hat die Angst vor einer Deflation im Vorfeld der heutigen Zinssitzung der EZB nochmals zugenommen. Entsprechend wird an den Märkten darüber spekuliert, ob Mario Draghi auf der EZB-Ratssitzung, die heute in Neapel stattfindet, neue Details über den geplanten Aufkauf von Kreditverbriefungen der Zentralbank nennen wird. Die Maßnahmen sollen Banken dazu ermutigen, mehr Kredite an kleine und mittelständische Firmen vor allem im Süden der Eurozone zu vergeben. Die grundsätzliche Entscheidung, dass die EZB von diesem Monat an in großem Stil Pfandbriefe und Kreditverbriefungen (ABS / Asset Backed Securities) den Banken abkaufen will, war gegen das Votum der Bundesbank gefallen.
Entscheidend wird nun sein, inwieweit die EZB willens und bereit sein wird, nicht nur ABS mit ordentlicher Bonität zu erwerben, sondern auch die mit größeren Risiken verbundenen Kreditverbriefungen, die ja als einer der Auslöser der Finanzkrise gelten. Dann aber würde die EZB die Ausfallrisiken der Banken übernehmen und sie auf die Steuerzahler übertragen. Dies wäre ein erneuter geldpolitischer Sündenfall, wie nicht nur Hans-Werner Sinn, Chef des Münchner Ifo-Instituts meint. Damit würde die Zentralbank auch ihr geldpolitisches Mandat überschreiten und zur Bad Bank verkommen. Natürlich wäre es der EZB lieber, nur die besseren Tranchen der ABS-Papiere zu übernehmen. Aber auch wenn man von solchen Maßnahmen nichts hält, erscheinen sie nur dann als sinnvoll, wenn zur Entlastung der Banken eben auch Schrottpapiere aufgekauft werden. Man beachte in diesem Zusammenhang die inzwischen immer häufigere Bezeichnung des Wertpapier-Aufkaufs und nicht mehr wie früher des harmloseren Begriffs Wertpapier-Ankaufs!
Aufschlüsse erhoffen sich Beobachter von der heutigen EZB-Ratssitzung auch darüber, wie die Zentralbank einen Markt für ABS-Papiere nicht nur beleben, sondern auch transparenter und standardisierbar machen will. Dies würde das Geschäft zumindest etwas sicherer machen.
Und sollten die Gerüchte stimmen, wonach Draghi im Kampf gegen die Kreditklemme auch noch den Aufkauf von Ramschpapieren aus Griechenland und Zypern in der Pipeline hat, wäre der nächste Sündenfall schon in Vorbereitung. Das EZB-Direktorium werde vorschlagen, dass die Regeln entsprechend geändert werden sollten, hatte die „Financial Times" unter Berufung auf Bankenkreise berichtet.
Frankreich und Spanien mit Billionen-Schulden
2.000.000.000.000 Euro sind auch für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone eine verdammt große Summe, vor allem, wenn es sich dabei um Schulden handelt. Erstmals belaufen sich die französischen Staatsschulden auf mehr als zwei Billionen Euro, was 95,1% des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Und so schnell ist kein Ende in Sicht. In den beiden kommenden Jahren soll die Quote auf 95,6% und 96,6% steigen, prognostiziert die EU-Kommission. Laut Maastricht-Kriterien sind eigentlich nur 60% „erlaubt“.
Auch die Neuverschuldung unseres Nachbarstaates soll bis 2016 über der Maastricht-Obergrenze von 3,0% liegen und erst 2017 auf 2,8% gedrückt werden. Wie aber eine wirkliche Trendumkehr geschafft werden soll, erscheint angesichts einer nur leichten Wachstumserwartung von 0,4% für dieses Jahr und etwas optimistischeren Prognosen für die Folgejahre weiter unklar. Bekanntlich will die Regierung bis 2017 rund 50 Mrd. € einsparen, davon 21 Mrd. € im kommenden Jahr. Das Tempo des Defizitabbaus aber werde „der Situation angepasst“, heißt es dazu in Paris.
1.000.000.000.000 Euro sind es, die die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone schultern muss – nämlich Spanien, das damit trotz Ausgabenkürzung 2014 erstmals die Schuldenmarke von 100% der Wirtschaftsleistung (BIP) überschreitet. Für 2015 wird darüber hinaus ein Defizit von 4,2% des BIP erwartet, nach 5,5% in 2013. Immerhin, sparen kann Madrid bei den Ausgaben für die Arbeitslosenhilfe, denn die Arbeitslosigkeit soll aufgrund positiver konjunktureller Wachstumserwartungen (+2,0% nach +1,8%) von 24,7% auf 22,9% abnehmen. Daraus ergibt sich eine Spur von Hoffnung, da aufgrund der besseren Konjunktur auch die Steuereinnahmen um 3,5% steigen sollen.
Anleger agieren vorsichtig bei argentinischen Bonds
Der Streit zwischen Buenos Aires und einer Reihe von Hegdefonds geht in eine neue Runde. Das Land stellt 161 Mio. US-Dollar für Zinszahlungen seiner Auslandsschulden auf Treuhandkonten der staatlichen Banco de la Nacion den Gläubigern zur Verfügung und hat damit vor allem ein Ziel: Das Zahlungsverbot des US-Richters Thomas Griesa zu umgehen. Dieser hatte die Bedienung argentinischer Verpflichtungen in New York blockiert, solange nicht den klagenden Hedgefonds 1,5 Mrd. US-Dollar ausbezahlt würden. Die Anleihen waren einst mit Zahlungsort New York emittiert worden. Nun wird sich zeigen, wie viele Gläubiger die Verlegung des Zahlungsortes akzeptieren werden.
Entsprechend vorsichtig agieren die Anleger am Rentenmarkt. So notieren argentinische Bonds derzeit eher schwächer und unter ihren Jahreshochs vom Sommer, allerdings immer noch deutlich über ihren Jahrestiefständen. So lag ein auf Dollar lautender Bond (A0VTZ4) mit Laufzeit 6/2017 in dieser Woche bei zuletzt rund 87,50% und damit über dem Jahrestiefstand 76,07% von Anfang Februar. Seinen Jahreshöchststand hatte der Titel Anfang Juli mit 97,86% erreicht. Eine in DEM gelistete argentinische Anleihe (134810), die 11/2026 fällig wird, notierte zuletzt bei ca. 74,25%, nach 93,25% Ende Juli und 32,00% Ende Februar dieses Jahres.
Zwei wichtige Termine im Oktober im Blick
In diesem Monat stehen noch zwei Termine an, welche die Anleihemärkte durchaus tangieren können. Da ist zum einen der 14. Oktober, an dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg seine Vorabentscheidung darüber bekannt gibt, ob sich aus der Euro-Rettungspolitik der EZB unbegrenzte Finanzrisiken, die das Haushaltsrecht des Bundestages verletzten, ergäben. Der EZB-Rat hatte bekanntlich gegen die Stimme Deutschlands beschlossen, notfalls Staatsanleihen von Ländern, deren Zinsen die EZB für zu hoch erachtet, unbegrenzt aufzukaufen.
Und da ist zum anderen der 26. Oktober. An diesem Datum werden die Ergebnisse der Stresstests durch die EZB bekannt gegeben, dem sich derzeit 131 Banken, davon 23 aus Deutschland, unterziehen lassen müssen. Die Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Elke König, hatte schon erklärt, „die eine oder andere Bank in der Eurozone dürfte die Latte sicher reißen“.
Adidas lässt am Kapitalmarkt den Ball rollen
Am gestrigen Mittwoch hat sich mit dem deutschen Sportartikelhersteller Adidas ein Unternehmen am Kapitalmarkt aktiv gezeigt. Inzwischen werden Anleihen sehr häufig nur in einer Stückelung von 100.000,-- € angeboten, aber in diesem Fall hat man sich der vielen Kleininvestoren erinnert und eine Mindeststückelung von 1.000,--€ gewählt. Insgesamt wurden 1 Mrd. € in zwei Tranchen aufgenommen. Die erste Tranche (XS1114155283) im Volumen von 600 Mio. € ist mit einem Kupon von 1,25% ausgestattet und im Oktober 2021 endfällig. Bei einem Emissionspreis von 99,145% ergab sich ein Emissionsspread von +68 bps über Mid Swap. Die länger laufende Tranche (XS1114159277) im Volumen von 400 Mio. € ist mit einem Kupon von 2,25% versehen und im Oktober 2026 endfällig. Der Emissionspreis von 99,357% entsprach einem Spread von +100 bps über Mid Swap.
Aber auch die Orange S.A. (ehemals France Télécom S.A.), der größte Telekommunikationsanbieter in Frankreich, hat mittels zweier Anleihen 2,25 Mrd. € aufgenommen. Die erste Tranche (A1ZQNH) über 1 Mrd. € ist zum 1.10.2021 zu 100% kündbar und mit einem Kupon von 4% ausgestattet. Bei einem Emissionspreis von 99,253% ergab sich ein Emissionsspread von +336,1 bps über Mid Swap. Die zweite Anleihe über 1,25 Mrd. € ist zum 1.10.2026 zu 100% kündbar und mit einem Kupon von 5% ausgestattet. Bei einem Emissionspreis von 98,90% ergab sich ein Emissionsspread von +374 bps über Mid Swap.
Die Iberdrola SA, ein spanisches Stromerzeugungs- und -vertriebsunternehmen mit Sitz in Bilbao, hat in dieser Handelswoche ebenfalls eine Anleihe (A1ZQNZ) am Markt platziert. Bei einer Laufzeit von 10 Jahren und einem Kupon von 1,875% konnten 500 Mio. € eingesammelt werden. Der Emissionspreis von 99,181% bedeutete einen Spread von +80 bps über Mid Swap.
Rentenbarometer beißt sich über der psychologischen Marke von 150% fest
Am 3. Oktober wird der Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Als deutscher Nationalfeiertag erinnert er an die deutsche Wiedervereinigung und beschert den meisten Arbeitnehmern ein langes Wochenende. Doch bevor es in die wohlverdienten Ruhetage geht, steht noch ein wichtiger Termin auf der Agenda, nämlich das obligatorische EZB-Treffen zu Monatsbeginn. Im Vorfeld der EZB-Ratssitzung zeigt sich der Euro-Bund-Future nervös, denn die anhaltenden Spekulationen um das Anleihekaufprogramm durch die Europäische Zentralbank schwebt über den Märkten. Allerdings sorgen auch die aktuellen politischen Entwicklungen innerhalb und außerhalb der Eurozone für Unsicherheit. Insofern bleibt die Nachfrage nach Bundesanleihen als sicherer Hafen weiterhin erhalten. So stieg das Sorgenbarometer in dieser Handelswoche über die Marke von 150 Punkten, im High notierte der Dezember-Kontrakt sogar bei 150,42%. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe liegt somit aktuell bei 0,895%. Sehr genau werden die Marktteilnehmer heute Nachmittag den Worten von EZB-Chef Mario Draghi lauschen und versuchen, für sich die richtigen Schlüsse zu ziehen. Zur Stunde notiert das Rentenbarometer bei 150,25%.
Frankreich und Spanien nehmen im Windschatten der EZB noch Gelder auf
Mit Beginn eines jeden Quartals stellt die Finanzagentur der Bundesrepublik Deutschland den Investoren einen detaillierten Zeitplan zur Verfügung und informiert zugleich über alle geplanten Emissionen. Die veröffentlichten Zahlen verdeutlichen, dass sich gegenüber der vorläufigen Planung im Dezember des vergangenen Jahres wenig verändert hat. Lediglich bei den Geldmarktinstrumenten werden mit 43 Mrd. € eine Milliarde weniger aufgenommen. Die Summe der Kapitalmarktinstrumente entspricht hingegen mit 39 Mrd. € den Planungen. Die Zinszahlungen des Bundes und seiner Sondervermögen belaufen sich im 4. Quartal auf insgesamt 1,4 Mrd. €.
Im Windschatten der heutigen EZB-Sitzung werden Frankreich und Spanien, die in der Verschuldungs-Hitparade auf den vordersten Plätzen zu finden sind, am Kapitalmarkt mittels Aufstockung diverser Altemissionen insgesamt ca. 12 Mrd. € aufnehmen.
Aber auch Deutschland startete mit einer Auktion in das letzte Quartal des Jahres. Zwar entsprach die gestrige Aufstockung der zehnjährigen Bundesanleihe (110236) von 5 Mrd. € auf 10 Mrd. € mit einer Durchschnittsrendite von 0,93% den Markterwartungen, aber die Summe der Kaufaufträge der Investoren war geringer als das angestrebte Volumen der Aufstockung. Ein solches Bieterverhalten wird als technische Unterzeichnung betitelt.
Devisenhändler warten auf die EZB
Heute geht das Münchner Oktoberfest in das letzte Viertel und schafft in diesem Jahr möglicherweise wieder einen neuen Besucherrekord. Zeitgleich ist auch im klassischen Kalender das letzte Quartal des Jahres angebrochen, wobei das vorrangegangene für den Euro bei Weitem kein erfolgreiches war. Im Vergleich mit dem US-Dollar gab die Gemeinschaftswährung um 0,106 USD nach, was dieses Quartal zum Schlechtesten seit dem dritten Quartal 2011 machte. Diese negative Performance ist hauptsächlich auf die Zinssteigerungsphantasien in den USA und die Ukraine-Krise zurückzuführen. Während dieser Berichtswoche versetzte der Rückgang der europäischen Inflationsrate auf 0,3% dem Euro zusätzlich einen empfindlichen Nackenschlag und die Gemeinschaftswährung fiel von 1,2757 auf 1,2570 USD.
Ob das Jahr 2014 für den Euro ein freundliches Ende nehmen wird, bleibt weiter offen. Einen entsprechenden Impuls könnte Mario Draghi auf der heutigen EZB-Sitzung geben. Wobei ein Anleihekaufprogramm seitens der EZB die Gemeinschaftswährung wohl eher noch weiter unter Druck setzen wird. Heute Morgen notiert der Euro um die Marke von 1,26 USD.
Zur norwegischen Krone hatte die Gemeinschaftswährung in dieser Woche ebenfalls einen schweren Stand. Nachdem die norwegische Zentralbank im Oktober täglich 250 Million Kronen aufkaufen will, fiel der Euro von 8,2025 auf 8,0932 NOK.
Um für das letzte Quartal 2014 gerüstet zu sein, fragten Privatanleger vornehmlich Anleihen auf USD-Dollar, brasilianische Real und neuseeländische Dollar nach.
Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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