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Halvers Kapitalmarkt-Monitor: Kurskonsolidierungen als zwischenzeitliche Wolken an einem freundlichen Aktien-Himmel

R. Halver I Baader Markets - Indizes - 18.06.2014

Die EZB schreibt sich mit ihren letzten Zinssenkungen, ihrem unerwartet umfangreichen Liquiditätspaket und - nicht zuletzt - ihrem klaren Bekenntnis für zukünftig noch mehr geldpolitische Offensivkraft klar die Konjunktur- und Finanzmarktstabilisierung auf ihre Fahnen.

Zunächst wird die EZB im September und danach im Dezember euroländischen Banken zunächst zweckgebundene Langzeitkredite zur zielgerichteten Ankurbelung der euroländischen Kreditvergabe zur Verfügung stellen. Das Ergebnis des Banken-Stresstests im Oktober dürfte ohnehin sein, dass die Banken auch in der Euro-Südzone in punkto Eigenkapitalausstattung mehr theoretischen Spielraum bei der Vergabe von Krediten an den Privatsektor haben.

Dies allein wird aber nicht den Durchbruch bei den Kreditausleihungen bringen. Daher wird die EZB den Banken erneut entgegenkommen müssen und ihnen vermutlich zum Jahresende hin Kreditaltlasten und damit Ausfallrisiken abkaufen. Die dazu notwendigen Kreditverbriefungen scheinen bereits in Vorbereitung zu sein. Die Banken hätten wieder „Platz“ für neue Kredite.

Den befürchteten Desinflationstendenzen in Euroland scheint immerhin die globale Rohstoffpreisentwicklung entgegenzuwirken. Denn die seit 2010 rückläufigen Rohstoffpreise erholten sich in den vergangenen Monaten zunehmend.

Dennoch wird die EZB ein wachsames Auge auf die Preisentwicklung haben und im Bedarfsfall nicht zögern, weitere unkonventionelle Liquiditätsmaßnahmen zu ergreifen.

Was ist eigentlich mit…den Emerging Markets?

Die global expansive Geldpolitik - die US-Notenbank wird im nächsten Jahr nur sehr vorsichtig Zinserhöhungen vornehmen und die EZB sowie die Bank of Japan haben mit ihren Liquiditätsoffensiven erst begonnen - hat in Kombination mit einer Abebbung der jahresanfänglichen Konjunkturturbulenzen in den Schwellenländern wieder für eine deutliche Entspannung an den dortigen Kapitalmärkten geführt. Nach deren Konsolidierung bis Februar haben die Aktienmärkte der Schwellenländer - gemessen am MSCI Emerging Markets Index auf Euro-Basis - seither um rund 15 Prozent zugelegt. Vor allem die merklich gesunkene Volatilität verdeutlicht die sinkende Risikoeinstellung der Finanzinvestoren gegenüber den Emerging Markets.

Zu einer Re-Investitionshaltung pro Schwellenländer scheint auch die Geldpolitik der EZB beizutragen. Der nun negative Einlagenzinssatz für bei der Notenbank geparktes Geld lässt Banken zum einen nach alternativen Anlageopportunitäten Ausschau halten. Zum anderen dient der Euro aufgrund der „japanisierten“ Niedrigzinsverhältnisse auch als Carry Trade-Währung. Dabei verschulden sich Anleger zu den historisch tiefen Zinsen in Euro und investieren in höher rentierlichen Schwellenländern. Hiervon profitieren jene Staaten, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von Güterimporten wie Energie und ausländischem Kapital zur Finanzierung heimischer Infrastrukturprojekte besonders unter dem Kapitalabfluss zu Jahresbeginn zu leiden hatten: Indien, Brasilien, Türkei und Südafrika.

Diese Liquiditätszuflüsse werden stimuliert durch die wiedergefundene Stärke der Währungen der Schwellenländer gegenüber dem Euro, die ab etwa März 2014 eingesetzt hat. Und wenn - wie zu erwarten - die Euro-Abwertung durch die EZB weiter vorangetrieben wird, werden die Carry Trades aufgrund zusätzlicher Währungsgewinne noch attraktiver.

Dieses aufgehellte Stimmungsbild der Emerging Markets zeigt sich auch bei ihren Staatsanleihen. So engen sich die Risikoaufschläge fünfjähriger brasilianischer, türkischer oder südafrikanischer zu deutschen Staatsanleihen wieder ein.

Zweiklassengesellschaft der Schwellenländer löst sich auf

Die Rückbesinnung auf die grundsätzlichen Wachstumspotenziale der Schwellenländer begünstigt nicht zuletzt die Aufhebung der zweigeteilten Entwicklung ihrer Aktienmärkte.

Nachdem die Parlamentswahlen in Indien eine wirtschaftsliberale Regierung hervorgebracht haben, steht der attraktive indische Produktionsstandort wieder im Fokus der Anleger. Indien ist zum eindeutigen Outperformer unter den Schwellenländern geworden. Für den südkoreanischen Aktienmarkt, dessen Industrie- und Technologieunternehmen eine ernste Konkurrenz zu denen der westlichen Welt darstellen, machen sich die Standortqualitäten in Folge der stetigen Wirtschaftsreformen bezahlt. Das gilt ebenso für Malaysia, das seinen Status als Zentrum für Technologie- und Chemieunternehmen im südostasiatischen Raum festigt. In China sind die hard landing-Ängste dank von der Regierung vorgezogener Infrastrukturprojekte in den Hintergrund getreten.

Thailand profitiert trotz Militärregierung von seinem kostengünstigen Produktionsstandort. Und russische Aktien haben ihre dramatischen Kursverluste aufgrund der in den Hintergrund getretenen Ukraine-Krise nahezu wieder aufgeholt.

Brasilianischen Aktien kommt die Rohstoffpreiserholung seit Mitte März zugute. Zudem ist davon auszugehen, dass die brasilianische Notenbank ihre Zügel nicht weiter anziehen wird. Auch hoffen die Finanzmärkte auf einen wirtschaftsfreundlichen Regierungswechsel im Herbst. Und selbst türkische Aktien feiern trotz der nach wie vor angespannten innenpolitischen Lage ein Comeback.

Aktuelle Marktlage und Charttechnik

Mit dieser konjunkturellen Beschleunigung in den Schwellenländern, die auch durch eine eindeutige Stabilisierung in den USA ergänzt wird, erhält der DAX starke fundamentale Unterstützung. Ein sich abschwächender Euro hilft der Exportwirtschaft zusätzlich. Nicht umsonst prognostizieren einige Konjunkturforschungsinstitute hohe Wirtschaftswachstumsraten für Deutschland.

Mit dem kürzlichen Erreichen der Marke von 10.000 Punkten hat der DAX eine Schallmauer durchbrochen, die auf viele Anleger wie ein psychologischer Widerstand wirkt. Höchststände werden vielfach mit Unbehagen betrachtet, da ihnen historisch wie beim Platzen der Dotcom- und Immobilienblase massive Kurseinstürze folgten. Jedoch muss festgehalten werden, dass die vorgenannten Aktienhaussen durch vorhergehende Zinserhöhungen der Notenbanken schließlich ihr Ende fanden. Davon ist im aktuellen Szenario zur weiteren Abwendung von Finanz- und Konjunkturkrisen aber nicht auszugehen. Vor diesem Hintergrund kann man also sagen, dass 10.000 Punkte im DAX auch nur ein Punkt mehr als 9.999 Punkte sind.

Dass der DAX zuletzt unter diese fünfstellige Marke fiel, ist dem Konflikt im Irak und der Sorge vor einem deutlich ansteigenden Ölpreis geschuldet, der im Extremfall die Weltkonjunktur schwächen könnte. In der Annahme, dass es nicht zu einer Eskalation im Nahen Osten kommt, ist aber mit einer baldigen Beruhigung zu rechnen. Die aktuelle Aktienkonsolidierung ist insofern als gesund einzustufen.

Überhaupt, im Gegensatz zum bekannten DAX-Performance-Index hat der reine DAX-Kurs-Index - also ohne Dividenden - sein Allzeithoch noch nicht erreicht. Sein Hoch hatte der Kursindex am 7. März 2000 bei 6.266,15 Punkten. Aktuell steht er über 1.000 Punkte tiefer bei 5.067,61. Dies sollte die Anlegerpsychologie wieder etwas entspannen.

Im Übrigen zeigt sich beim Vergleich von Performance- und Kursindex erneut die Attraktivität von Dividenden. Während seit 1988 der durchschnittliche Kursgewinn beim DAX 6,36 Prozent beträgt, kommen über die Dividende noch einmal 2,7 Prozent hinzu.

Aus charttechnischer Sicht ist der DAX nach der jüngsten Rallye überkauft und dürfte deshalb zunächst um die Marke bei 10.000 pendeln. Nach einer längeren Seitwärtsphase um diese Marke dürfte der DAX bis zur oberen Begrenzung des seit Juni 2013 bestehenden Aufwärtstrendkanals vorstoßen und damit bis Jahresende mindestens die Marke bei 10.500 Punkten ansteuern.

Auf der Unterseite liegt die erste Unterstützung an der Haltelinie bei 9.800 Punkten. Hier bietet auch eine offene Kurslücke zwischen 9.822 und 9.779 Halt.

Und was passiert in der nächsten Woche?

In den USA stabilisiert sich der Einkaufsmanagerindex der Philadelphia Fed nach dem unerwarteten Rückgang im letzten Monat wieder und auch die Industrieproduktion legte im Mai wieder zu. Die US-Baubeginne als auch -genehmigungen dürften den Aufwärtstrend der vergangenen Monate aufrechterhalten. Insofern werden die Anleger auf der nächste Woche anstehenden US-Notenbanksitzung verstärkt nach Anhaltspunkten über die Beibehaltung des nahezu Nullzins-Niveaus suchen. Fed-Chefin Yellen wird sie vorerst nicht enttäuschen.

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. - www.bondboard.de

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