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Halvers Kapitalmarkt-Monitor: Schon der kleinste Konjunkturzweifel muss geldpolitisch im Keim erstickt werden
R. Halver I Baader Markets - Indizes - 24.02.2014
Der von der HSBC Bank veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe hat sich auf 48,3 eingetrübt und liegt insofern unter der Expansion anzeigenden Schwelle von 50. Für die chinesische Volkswirtschaft wird es entscheidend sein, den Übergangsprozess von einer export- und immobilienseitig gestützten zu einer stärker binnenwirtschaftlich nachhaltig wachsenden Volkswirtschaft zu beschreiten.
Auch Euroland kann sich den zuletzt verhaltenen weltwirtschaftlichen Stimmungsindikatoren nicht entziehen. So hat sich der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in Euroland leicht auf 53 verringert, liegt damit jedoch noch immer komfortabel in expansivem Terrain. Mit einem Wert von 54,7 - nach 56,5 im Vormonat - zeigt sich die Wirtschaftsstimmung in Deutschland zwar nach wie vor optimistisch. Die leichte Stimmungseintrübung verdeutlicht aber die große, auch mental empfundene Abhängigkeit der exportlastigen deutschen Wirtschaft von der Weltkonjunktur, speziell von den Schwellenländern. Eurozonales Problemkind bleibt Frankreich, dessen Einkaufsmanagerindex sich mit 48,5 weiter im Schrumpfung anzeigenden Bereich aufhält.
Auch die vom ZEW befragten Finanzanalysten zeigen sich zuletzt leicht kritischer, was insbesondere auf die Unsicherheiten einzelner Schwellenländer zurückzuführen ist. Die Konjunkturerwartungen sind im Vergleich zum Vormonat etwas schwächer ausgefallen, liegen mit einem Wert von 55,7 jedoch noch immer auf vergleichsweise hohem Niveau. Immerhin schlägt sich der von den Finanzanalysten seit Monaten erwartete Aufschwung in der optimistischsten Lageeinschätzung seit August 2011 nieder.
Internationale Geldpolitik - Wehret den konjunktureintrübenden Anfängen
Die leicht verschlechterte Stimmung in der Weltwirtschaft darf zu keiner nachhaltigen Eintrübung der harten Wirtschaftsfakten führen. Denn ansonsten würden typische konjunkturelle Multiplikatoreffekte zu ernsten Verwerfungen der Weltwirtschaft und speziell in Deutschland führen. Angesichts dieser latenten Gefahr bleibt der internationalen Geldpolitik keine andere Wahl, als ihre Liquiditätsoffensive zur Stabilisierung von Real- und Finanzwirtschaft fortzuführen.
Nach der Stimmungseintrübung in der euroländischen Industrie verdichten sich die Anzeichen, dass die EZB zu einer Anpassung ihrer Konjunktur- und Inflationsprojektionen auf der Zinssitzung am 6. März gezwungen ist. Angesichts der Gefahr einer Disinflation in der Euro-Peripherie ist eine weitere Notenbankzinssenkung auf 0,1 Prozent und eine Senkung des Einlagenzinssatzes auf negatives Niveau sehr wahrscheinlich. Und nach einem zu erwartenden positiven Votum des Europäischen Gerichtshofs in punkto Staatsanleihenaufkäufen steht der EZB auch dieses quantitative Instrument grundsätzlich zur Verfügung.
Und auch die US-Notenbank bleibt expansiv. Gemäß Protokoll der letzten Fed-Sitzung spielt die bisher als Schwellenwert für ein zinspolitisches Handeln herangezogene Arbeitslosenquote von 6,5 Prozent de facto keine Rolle mehr. Denn sollte dieser Wert erreicht werden - wenn auch nur durch den technischen Umstand, dass sich tatsächlich arbeitslose Amerikaner nicht arbeitslos melden - würde die Fed ihre Glaubwürdigkeit bei ausbleibenden Zinserhöhungen gefährden. Die Hinzunahme weiterer Indikatoren als geldpolitisches Alibi zur Beibehaltung der Niedrigzinsen wäre eine Möglichkeit. Sie könnten als „Gummiparagraphen“ der Fed jede Möglichkeit bieten, die Zinsen auch langfristig auf niedrigstem Niveau zu belassen. Die Radikalmöglichkeit wäre die Komplettaufgabe der Bindung der Zinspolitik an fundamentale Bedingungen. So hat es bereits die Bank of England beschlossen. Es ist zu erwarten, dass die US-Notenbank auf absehbare Zeit keine restriktive Zinspolitik betreiben wird.
Bank of Japan wird zur weltweit offensivsten Notenbank
In Japan will die Bank of Japan offensichtlich keine konjunkturellen Risiken eingehen. Um einer negativen Konjunkturentwicklung vorzubeugen, weitet sie vorsorglich das Volumen ihrer regelmäßigen Kreditvergabegeschäfte an Geschäftsbanken aus. Zwar ist der Umfang dieser Maßnahmen vorerst noch gering. Ihr kommt es aber vor allem auf die Signalwirkung an, dass sie auf negative Konjunkturüberraschungen - sollte z.B. die anstehende Mehrwertsteuererhöhung die japanische Wirtschaft stärker bremsen als gedacht - schnell reagieren wird. Unabhängig davon muss die Bank of Japan im Kampf gegen das japanische Deflationsgespenst die Erreichung ihres Inflationsziels von zwei Prozent sicherstellen.
Ein weiteres Problem, dass die japanische Notenbank im Auge behalten muss, ist der Zins- und Tilgungsdienst auf die dramatische japanische Schuldenquote. Angesichts weiterer Konjunkturpakete ist sogar von einer weiter zunehmenden Staatsverschuldung auszugehen. Ein markanter Anstieg der Zinszahlungen würde Japans Finanzstabilität ernsthaft gefährden. Insofern ist die Bank of Japan gezwungen, die Renditen japanischer Staatsanleihen weiter extrem zu drücken. Dabei treibt diese ultralockere Notenbankpolitik absurde Stilblüten. Trotz einer immer weiter ansteigenden japanischen Staatsverschuldung seit 1990 von etwa 70 Prozent bis 2015 auf ca. 270 Prozent der Wirtschaftsleistung verringerten sich die jährlichen Zinszahlungen als Anteil an den Staatsausgaben von 15 auf unter zwei Prozent. Zur Aufrechterhaltung der japanischen Zahlungsfähigkeit gibt es für die Bank of Japan kein Entkommen aus dieser geldpolitischen Rettungsnummer.
Die Erwartungshaltung auf eine Aufrechterhaltung der ultralockeren Geldpolitik in Japan hat bereits zu massiven kreditfinanzierten, japanischen Aktienkäufen geführt. Investoren verschulden sich zu aktuell niedrigen Zinsen und legen das Geld in Aktien an. Das Volumen von Wertpapierkrediten an den japanischen Börsen ist auf das höchste Niveau seit Ende 2007 gestiegen. Insofern ist eine Verstetigung japanischer Aktien nach der Korrektur der letzten Wochen zu erwarten.
Sofern sich die Yen-Abschwächung - die die Bank of Japan massiv betreibt - fortsetzt, ist mit weiteren, auch deutlichen Kurssteigerungen im Nikkei 225 zu rechnen. Schließlich dürften auch die Unternehmensgewinne in Folge zunehmender Exporterlöse weiter steigen. Beginnend mit der Diskussion über die japanische Liquiditätsoffensive im Jahr 2012 hat sich die Gewinnentwicklung der japanischen Industrie im Trend bereits spürbar erholt.
Grundsätzlich ist kein anderer Aktienmarkt aus den Industrieländern von seinem historischen Höchststand so weit entfernt wie der japanische Leitindex. Aktuell notiert er bei etwa 15.000 Punkten. Ende 1989 notierte er noch bei ca. 39.000.
Aktuelle Marktlage und Charttechnik
Die Lage an den Finanzmärkten zeigt sich nach den Stimmungsschwankungen der Weltwirtschaft weiterhin volatil. Dies signalisiert im Rahmen der Berichtsaison auch Henkel. Das Unternehmen gibt nach einem Gewinnanstieg 2013 von gut sechs Prozent zum Vorjahr einen zurückhaltenderen Ausblick: Die Wechselkursverwerfungen in wichtigen Auslandsmärkten sowie ein grundsätzlich schwierigeres Konjunkturumfeld könnten nur noch zu einem hohen einstelligen Gewinnwachstum führen.
Es wird weiter entscheidend sein, dass eine großzügig bleibende Geldpolitik die konjunkturellen, aber vor allem auch finanzpsychologischen Wogen glättet. Für das 1. Halbjahr 2014 ist mit erhöhten Kursschwankungen zu rechnen. Im 2. Halbjahr wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass sich die konjunkturelle Lage der Schwellenländer - zumindest im harten Kern - festigt.
Aus charttechnischer Sicht liegt die erste Hürde im DAX auf dem Weg nach oben bei 9.672 Punkten. Wird diese Marke dynamisch überwunden, verläuft der nächste Widerstand am bisherigen Jahreshoch bei 9.794 Punkten. Darüber bietet die obere Begrenzung des Aufwärtstrendkanals bei derzeit 9.954 und die Marke bei 10.000 Punkten Widerstand.
Im Falle einer kurzfristig möglichen Konsolidierung findet der DAX dagegen bei 9.582 und darunter bei 9.478 Punkten erste Unterstützungen. Bei einer stärkeren Korrektur dürfte der Bereich um 9.340 Punkte Halt geben.
Das passiert in der 9. Kalenderwoche
Auf Unternehmensebene dürfte das Pharmaunternehmen Bayer dank einer soliden Entwicklung in der Pharma- und Agrarsparte ein ebenso solides Ergebnis vorweisen. Fresenius und Fresenius Medical Care werden aufgrund des Wachstumskurses in den Bereichen Infusions- und Ernährungstherapie robuste Zahlen präsentieren. Der Chemiekonzern BASF dürfte sein Ergebnis-Tief durchschritten haben. Entscheidend bleibt der Ausblick.
Auf Makroebene stehen in den USA die Auftragseingänge langlebiger Güter erneut unter dem negativen Einfluss des kalten Winters. Die Konjunkturstimmung, gemessen am Einkaufsmanagerindex der Industrieregion Chicago, signalisiert jedoch einen anhaltenden Expansionskurs der US-Konjunktur. Dazu trägt auch das solide Konsumentenvertrauen der Universität von Michigan bei.
In Euroland richtet sich der Fokus der Anleger auf die Inflationsdaten für Januar. Ein erneuter Rückgang der Inflationsrate würde der EZB weitere Munition für eine noch expansivere geldpolitische Ausrichtung geben.
Das Hauptinteresse der Finanzmarktteilnehmer fokussiert sich auf die ifo Geschäftsklimadaten. Welchen Einfluss hat die Unsicherheit der Schwellenländer insbesondere auf die Geschäftserwartungen des verarbeitenden Gewerbes? Der GfK Konsumklimaindex dürfte sich weiter robust zeigen.
Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. - www.bondboard.de
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