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Hüfners Wochenkommentar: Die merkwürdige Reaktion der Kapitalmärkte auf den Populismus

Börse Frankfurt - Indizes - Marktkommentare - 08.02.2018

8. Februar 2018. MÜNCHEN (Assenagon). Ray Dalio ist einer der reichsten Männer Amerikas. Er hat den Hedgefonds Bridgewater gegründet, der zu den erfolgreichsten der Branche gehört. Er interessiert sich aber nicht nur für Geld. Er ist auch ein politischer Mensch. Im letzten Jahr veröffentlichte er in den "Daily Observations" seines Hauses eine umfangreiche Studie zum Thema Populismus. Darin schreibt er gleich zu Beginn, dass das "eines der Phänomene ist, das in größerem Umfang einmal im Leben auftritt - wie Pandemien, Depressionen oder Kriege". Eigentlich würde man so etwas im Leben gerne überspringen. Geht aber leider nicht. Wir stehen gerade wieder vor einer solchen Zeit. Rund um die Welt vollzieht sich ein Tsunami populistischer Tendenzen.

Die USA haben mit Trump einen populistischen Präsidenten. Europa hat den Brexit, der von Populisten betrieben wurde. In Polen und Ungarn sind populistische Parteien an der Regierung. In Frankreich konnte eine Mehrheit des Front National gerade noch verhindert werden. In Deutschland gibt es die AfD, in Italien Cinque Stelle, in Spanien Podemos und in Österreich die FPÖ. Auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern gibt es Populisten, etwa in Venezuela, der Türkei oder den Philippinen.

Der Tsunami des Populismus - Stimmenanteil populistischer Parteien in den Industrieländern
Grafik: http://bit.ly/2shDt9s
Quelle: Bridgewater

Erschreckend ist das Tempo des Vormarsches des Populismus. Die Grafik, die aus der Studie von Bridgewater stammt, zeigt den Stimmenanteil populistischer Parteien bei den allgemeinen Wahlen in den Industrieländern. Während der gesamten Nachkriegszeit war dieser Anteil relativ gering. Er schwankte um die 10 Prozent bis 15 Prozent (mit gewissen Ausreißern Anfang der 70er und der 90er Jahre). Das war ungefährlich. In letzter Zeit ist er aber geradezu nach oben geschossen. Zuletzt lag er bei 35 Prozent. Das ist wie ein Tsunami. Wohin man schaut, sprießen populistische Tendenzen. Besonders nachdenklich macht die linke Hälfte der Grafik. Sie zeigt die Stimmenanteile populistischer Parteien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In den 30er Jahren ging der Populismus genauso wie heute nach oben. Wir alle wissen, was daraus wurde.

Die populistischen Bewegungen krempeln die gesamte Politik um. Sie führen zu Protektionismus, Nationalismus und vielfach auch Kapitalverkehrskontrollen. Xenophobie beschränkt die Mobilität. Budgetdefizite steigen, weil mehr Geld für Sicherheit im Inland und Militär ausgegeben wird. Sie höhlen die nationalen und internationalen Institutionen aus, die zur geregelten Abwicklung des Binnenmarktes und der Globalisierung gegründet wurden. Die Wirtschaftspolitik wird interventionistisch und damit schwer voraussehbar. Die Unsicherheiten nehmen zu. Vielleicht am wichtigsten: die Demokratie wird in Frage gestellt. Es kann sogar zur Diktatur kommen.
"Leider lässt sich die Wirtschaft erfahrungsgemäß aber leider auch gern von populistischen Machthabern korrumpieren."
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Populismus ist aber nicht nur ein politisches Phänomen. Er verschlechtert auch das Umfeld der Kapitalmärkte. Das Wachstum wird langsamer, weil die internationale Arbeitsteilung gebremst wird. Steigende Unsicherheit führt dazu, dass vor allem langfristige Investitionen unterbleiben. Die Inflation erhöht sich, da der internationale Konkurrenzdruck nicht mehr so stark ist. Im Inland legen populistische Bewegungen nicht so großen Wert auf Wettbewerb. Das begünstigt Monopole.

Für Europäer ist wichtig, dass die Integration, die gerade zu neuem Schwung ansetzt, leidet. Populisten halten nichts von der Gemeinschaft. Zudem wird Europa von populistischen Tendenzen stärker betroffen als etwa die USA.

Seine Institutionen sind noch relativ jung und nicht so widerstandsfähig wie die der Vereinigten Staaten. Es war die große Überraschung nach der Wahl Trumps, wie sich das System dort bis hin zu kleineren Gerichten im Mittleren Westen gegen Rechtsmissbrauch auflehnte. Ich fürchte, dass das in Europa nicht so ist. Der nächste kritische Punkt sind die Wahlen in Italien im März. Internationale Kapitalbewegungen, die gerade dabei sind, Europa wieder zu entdecken, könnten den Kontinent bei zunehmendem Populismus wieder verlassen.

Bei so viel Negativem müssten die Börsen wegen des Populismus eigentlich in die Knie gehen. Tun sie aber nicht. Unter Trump erreichte der Dow Jones neue Höchststände. Auch die Börsen in Polen und Ungarn weisen überdurchschnittliche Kurssteigerungen auf. Das liegt daran, dass populistische Regierungen die Unternehmen hofieren. Siehe kürzlich die Charmeoffensive des amerikanischen Präsidenten auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Auch die US-Steuerreform hilft vor allem den Unternehmen. Umgekehrt lässt sich die Wirtschaft erfahrungsgemäß aber leider auch gern von populistischen Machthabern korrumpieren. Am Ende geht es ihr um Geschäft und Aufträge, nicht um Wettbewerb und Demokratie. Auch in den USA wird die Zahl der Firmen kleiner, die sich gegen Trump stellen.

Die Volatilität auf den Märkten steigt. Investoren kaufen mehr Derivate, um sich gegen die erhöhte Unsicherheit abzusichern. An den Bondmärkten werden die langfristigen Zinsen eher nach oben gehen. Hier spielt neben der höheren Inflation noch eine Rolle, dass die Staatsverschuldung steigt. Andererseits drängen populistische Regierungen darauf, dass die Zentralbank die Leitzinsen zur Förderung der Beschäftigung niedrig hält ("Jobs, Jobs, Jobs, ..."). Die Zinsstruktur wird steiler.

Für Anleger

Populismus hat nichts mit der aktuellen Marktschwäche zu tun. Er ist ein längerfristiges Problem. Er verheißt auch für die Kapitalmärkte nichts Gutes. Denn er führt zu Überbewertungen der Märkte, ganz ähnlich wie die Überbewertung bei finanziellen Blasen. Er lässt die Wirtschaft und die Kapitalmärkte besser erscheinen, als sie wirklich sind. Populismus schadet daher nicht nur der Demokratie, sondern auch den Finanzmärkten. Seien Sie vorsichtig.

1. Februar 2018, © Assenagon

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa - Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

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