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Geldanlage Report: Neuer Flash-Crash - Wie gefährlich ist High Frequency Trading?

Armin Brack - Indizes - 01.09.2015

Lieber Geldanleger,

die Ereignisse am Montag mit einem Absacken des Dow Jones um über 1.000 Punkte innerhalb von Sekunden und einem Einbruch der NASDAQ in ähnlicher (prozentualer) Größenordnung gefolgt von einer sehr schnellen Erholung lassen Erinnerungen an den ersten Flash Crash vom 6. Mai 2010 aufkommen.

Dieser entstand maßgeblich durch einen Händler, der vom Haus seiner Eltern aus agierte, und dessen selbst programmierten Algorithmus. Das jedenfalls behaupten US-Strafverfolgungsbehörden nach fünfjähriger(!) Untersuchung.

Die Frage ist: Was ging diesmal schief und vor allem: Müssen wir künftig öfters mit derartigen Vorfällen rechnen? Wenn ja, dann hätte das auch dramatische Folgen für Privatanleger und ihre Handelsstrategie. Lesen Sie, warum...

Was für ein Handelstag: Der ETF auf den NASDAQ 100 (Kürzel: QQQ) stürzte um 15.30 Uhr innerhalb von Sekunden nach der Handelseröffnung von 94,23 US-Dollar auf 84,74 US-Dollar ab, was intraday einem Rückgang von fast exakt zehn Prozent entsprach und im Vergleich zum Schlusskurs des Vortages von 102,40 US-Dollar sogar von 17,2 Prozent (!). Ein veritabler Crash!

Allerdings lief dieser Crash und die darauf folgende Erholung in einer derart hohen Geschwindigkeit ab, dass unter den Privatanlegern allenfalls diejenigen davon profitieren konnten, die zuvor auf Verdacht bereits Abstauberlimits im Markt platziert hatten. Und selbst die brauchten eine Menge Glück, um entsprechende Ausführungen zu erhalten.

Ich habe mir mal die Times & Sales (also die einzelnen Ausführungen) bei meinem Broker Interactive Brokers für den QQQ angeschaut. Beispielsweise gab es hier um 9:31:01 Uhr, auf dem Höhepunkt der Panik, innerhalb einer einzigen Sekunde hunderte, ja eher tausende Umsätze.

So wurden beispielsweise innerhalb dieser Sekunde 7.400 Stück zu 85,13 USD gehandelt und weniger als einen Wimpernschlag danach 4.100 Stück zu 88,97 USD. Das hängt damit zusammen, dass in den USA inzwischen viele verschiedene Handelsplattformen existieren und Broker wie Interactive Brokers mit einem so genannten Smart Order Routing aufgegebene Orders zu unterschiedlichen Plattformen (mit unterschiedlichen Kursen) routen.

Kommt es dann zu panikartigen Ausverkäufen, hängt bei aufgegebenen Orders der Ausführungskurs auch stark davon ab, an welche Plattform geroutet wird. Mit anderen Worten: Der Faktor "Zufall" spielt eine wichtige Rolle.

Hohe Kursausschläge bei fast allen Blue Chips

Im inzwischen ausschließlich computergesteuerten Handel, in dem ein Rechner mit einem anderen Rechner kommuniziert und häufig ganze Tradingsysteme nach vorprogrammierten Regeln blitzschnell und automatisiert agieren (Algorithmen), kommt es zu Kettenreaktionen, die heftige Ausschläge begünstigen.

Hinzu kommt die gigantische Größe von börsennotierten Exchange Traded Funds (ETFs) wie dem oben angesprochenen QQQ. Bei diesem Fonds gibt es ca. 370 Mio. Anteile. Bei einem aktuellen Kurs von rund 100 US-Dollar je Anteil bedeutet das, dass Anleger satte 37 Milliarden US-Dollar alleine in diesem ETF angelegt haben.

Der QQQ versucht exakt die Entwicklung des NASDAQ 100 nachzubilden in dem die 100 größten und wichtigsten US-Technologiewerte enthalten sind (die aktuellen Top 10 sind Apple (15%), Microsoft (7%), Google A- und C-Aktien (zusammen 7%), Facebook (3,5%), Amazon (3,5%), Gilead (3%), Intel (3%), Cisco (3%) und Comcast (2,5%).

Sackt dieser QQQ nun in die Tiefe, weil Anleger ihr Kapital aus dem Fonds abziehen, muss der Fonds entsprechend der Gewichtung ebenfalls Aktien verkaufen. Das geschieht automatisch via computergesteuertem Handelssystem, um zu jedem Zeitpunkt eine möglichst exakte Nachbildung gewährleisten zu können.

Das heißt, auch der Kurs von einzelnen Bestandteilen des Fonds, wie beispielsweise der Apple-Aktie, kommt unter Druck. Dabei ist Apple ja Bestandteil vieler ETFs und wenn dann gleichzeitig auch noch direkte Apple-Aktionäre ihre Stücke verkaufen, kennt der Kurs kein Halten mehr:

Die Aktie crashte kurzzeitig bis auf ein Tief von 92,00 US-Dollar und damit auf ein neues 52-Wochen-Tief. Bei den anderen NASDAQ 100-Schwergewichten lief es ähnlich. Aber der Crash war nicht nur auf Technologiewerte beschränkt. Auch die Aktien vom Mischkonzern-Blue Chip General Electric (GE), von der Baumarktkette Home Depot (HD) oder vom Banken-Schwergewicht JPMorgan (JPM) verloren intraday im Tief mehr als 20(!) Prozent.

Hier der Vier-Jahres-Chart von General Electric:

Die Aktie fiel kurzzeitig auf den tiefsten Stand seit Juli 2013 nur um sich dann sofort wieder deutlich zu erholen.

Die Krux mit den Stop-Loss-Kursen

Nun könnte man sagen, dass das uns Privatanleger nur am Rande tangiert, weil wir ohnehin nicht so kurzfristig agieren und bis die allermeisten der kleinen Aktionäre überhaupt vom Flash Crash erfahren haben war der Spuk ja auch schon wieder - großteils - vorbei.

Das gilt aber nicht für die vielen Börsianer, die versuchen ihre Positionen via Stop-Loss-Orders gegen Verluste abzusichern. Da z.B. sowohl bei Apple als auch bei General Electric im Verlauf des Crashs neue 52-Wochen-Tiefs markiert worden sind, ist davon auszugehen, dass die Mehrheit dieser Anleger ausgestoppt worden ist - und das wahrscheinlich zu extrem niedrigen Kursen.

Bei Apple wurden über 8 Millionen Stück (entspricht einem Dollarwert von ca. 752 Millionen US-Dollar) zu Tiefstkursen zwischen 92 und 96 US-Dollar gehandelt und somit wurden die allermeisten, die ihre Stopps zwischen 105 und 92 US-Dollar platziert hatten, nahe der Tiefstkurse ausgestoppt. Ketzerisch formuliert könnte man auch sagen: Den Anlegern wurden ihre Stücke "geklaut", denn beim danach wieder folgenden Anstieg waren sie nicht mehr dabei.

Die Problematik ist folgende: Stop-Loss-Orders werden ausgelöst, wenn erstmals der eingegebene Stop-Loss-Verkaufskurs erreicht wird. "Ausgelöst" werden heißt aber nur, dass die Verkaufsorder nun aktiv ist, nicht dass bereits eine Ausführung zustande kam. Im Moment der Auslösung wird aus einer Stop-Loss-Verkaufsorder eine "Market"-Verkaufsorder.

Dabei bedeutet "Market" zu "Marktpreisen", mit anderen Worten unlimitiert. Noch einfacher formuliert: Sie sagen ihrem Broker, er soll ihre Aktien SOFORT und ZU JEDEM VERFÜGBAREN KURS verkaufen. Das kann dann dazu führen, dass Sie extrem schlechte Ausführungskurse erhalten.

Diese Problematik kannte man bisher eigentlich nur von kleineren, marktengen Werten. Sie kann dadurch teilweise umgangen werden, in dem man die Stop-Loss-Order um eine Limit-Order ergänzt. Wenn Sie beispielsweise bei Unterschreiten der Marke von 10 Euro ihre Aktie verkaufen möchten, dann ergänzen Sie dazu ein Limit bei 9,80 Euro. Sie stellen damit sicher, dass Sie bei einer Ausführung auf jeden Fall einen Kurs von 9,80 Euro oder besser erhalten.

Der Nachteil: Sie haben keine Garantie für eine Ausführung. Das heißt, wenn es am Markt zum "echten" Crash kommt (und keine unmittelbare Erholung mehr einsetzt), bleiben Sie unter Umständen auf ihren Aktien sitzen und hohe Buchverluste entstehen.

Muss aus dem Flash-Crash vom Montag nun die Konsequenz gezogen werden, dass selbst bei Blue Chip-Aktien reine Stop-Loss-Orders zu gefährlich sind und nicht mehr verwendet werden sollten? Und wenn ja, wie können Sie sich als Anleger dann überhaupt noch vor einem Crash schützen?

Werfen wir einen Blick zurück auf das Jahr 2010:

Der Flash-Crash vom 6. Mai 2010

Während die Verluste in den großen Indizes (Dow Jones 1.000 Punkte oder mehr als neun Prozent Verlust innerhalb weniger Minuten; S&P 500 mit minus sechs Prozent innerhalb von sechs Minuten) damals ähnlich groß waren, gab es bei den Einzelwerten teilweise noch skurrilere Entwicklungen:

Bei bestimmten Aktien wurden gar keine Kurse mehr gestellt, so dass zwischenzeitlich Ausführungen zum Mindestkurs von 0,01 US-Dollar zustande gekommen sind. Theoretisch bedeutete dies Verluste von über 99 Prozent im Vergleich zum Vortageswert. Im Nachhinein wurde dann von den NASDAQ-Verantwortlichen mehr oder weniger willkürlich festgelegt, dass alle Transaktionen zu Kursen unter 50 Prozent des Vortageswertes für ungültig erklärt und rückabgewickelt werden. Wer das Pech hatte, nur bei z.B. minus 40 Prozent ausgestoppt zu werden, blieb aber auf seinen Verlusten sitzen. Dramatisch!

Als Reaktion wurden dann von den US-Börsen neue Regeln beschlossen. So wird der Handel mit Aktien aus dem S&P 500 für fünf Minuten ausgesetzt, wenn sie zuvor in fünf Minuten um mehr als zehn Prozent an Wert verloren haben. Allerdings sind die Spannen während der Eröffnungsphase wohl noch größer, denn weder General Electric noch J.P. Morgan wurden vom Handel ausgesetzt.

Dennoch gab es am Montag alleine an der New York Stock Exchange 1278 Handelsaussetzungen im Vergleich zu weniger als zehn Unterbrechungen an einem normalen Tag. 999 dieser Aussetzungen betrafen die NYSE Arca-Plattform, wo viele ETFs gehandelt werden. Das zeigt, dass diese Produkte besonders anfällig für Kursschwankungen sind.

Auch für den Gesamtmarkt wurden nach dem 201er-Crash Volatilitäts-Unterbrechungs-Marken eingeführt. So würde die gesamte New Yorker Börse für 15 Minuten geschlossen, wenn der S&P 500 vor 15:25 Uhr, Ortszeit New York, sieben Prozent an Wert verliert (offizielles Handelsende ist 16:00 Uhr).

Ab einem Minus von 13 Prozent wird der Markt für den Rest des Tages geschlossen. Immerhin gab es beim Flash Crash am Montag keine Börsen-Ausfälle und keine komplett "unsinnigen" Ausführungen bei 0,01 US-Dollar oder vergleichbaren Kursen.

Allerdings gab es vereinzelt Intraday-Verluste von bis zu 85,8 Prozent (bei der Aktie XL Group; US-Kürzel XL) und selbst ein relatives Schwergewicht wie HCA Holdings (US-Kürzel HCA; Marktkapitalisierung 34,5 Milliarden US-Dollar) verlor in der Spitze völlig irrationale 49 Prozent, um sich dann - nach Handelsaussetzung - wieder auf wenige Prozent Verlust zu erholen.

Hier besteht dringend Aufklärungsbedarf durch den Börsenbetreiber.

So funktioniert High Frequency Trading

Als zumindest mitschuldig für die extremen kurzfristigen Ausschläge gilt der so genannte Hochfrequenzhandel (auf englisch: High Frequency Trading; kurz HFT). Wie genau funktioniert HFT?

Ein simples Beispiel: Angenommen ein Investmentfonds gibt einen Kaufauftrag an seinen Broker für eine Aktie, die bei 20,00 Euro notiert und ist bereit dafür bis 20,03 Euro zu bezahlen. Der Computer des Brokers versucht nun zunächst möglichst viele Stücke für 20,00 Euro zu kaufen, dann für 20,01 Euro, für 20,02 Euro und schließlich für 20,03 Euro. Das alles passiert innerhalb einer Sekunde und zunächst weiß nur der Käufer bzw. dessen Broker bis zu welchem Kurs der Fonds bereit ist, zu kaufen.

High Frequency Trader können mit Hilfe blitzschneller Datenverbindungen und entsprechenden programmierten Handlungsanweisungen an ihren Computer (so genannten Algorithmen) im Bruchteil einer Sekunde herausfinden, bis zu welchem Kurs der Fonds bereit ist, die Aktien zu kaufen.

Konkret kann das so ablaufen, dass der Hochfrequenz-Trader den Markt mit Verkaufsaufträgen flutet, die dann Millisekunden später sofort wieder storniert werden. So kann er herausfinden, bis zu welchem Kurs der Fonds maximal anbeißt (also in dem Fall 20,03 Euro).

Quasi gleichzeitig kauft der Trader von einem anderen Marktteilnehmer, der bereit ist seine Stücke für 20,01 Euro oder auch 20,005 Euro herzugeben, und verkauft dann sofort wieder an den Fonds zu 20,03 Euro.

Das heißt: Der HFT-Trader greift quasi das am Markt vorhandene Angebot sofort ab, so dass der Fonds (oder auch wir als Privatanleger) keine Möglichkeit mehr haben, die Stücke für 20,01 Euro zu bekommen. Der HFT-Trader streicht so (fast) immer einen kleinen Gewinn von wenigen Cents ein.

Diese und ähnliche Prozeduren werden vom Algorithmus zigtausende Mal pro Tag wiederholt, so dass unter dem Strich quasi täglich hohe Gewinne erzielt werden. Douglas A. Cifu, CEO der größten und ersten börsennotierten HFT-Trading-Firma Virtu Financial (US-Kürzel VIRT) protzte neulich damit, dass sein Unternehmen seit 2008 nur einen einzigen Verlusttag gemacht habe.

Virtu und einige andere sehr erfolgreiche HFT-Firmen haben sich die Dienste der besten Programmierer gesichert (häufig auch aus dem Ausland, z.B. aus Russland), die möglichst "scharfe" und ausgeklügelte Raubtier-Algorithmen entwickeln. Ein Milliarden-Geschäft.

Dabei werden auch gerne Kursdifferenzen für Wertpapiere an verschiedenen Handelsplätzen ausgenutzt, um so genannte Arbitrage-Geschäfte zu betreiben. Michael Lewis, selbst ehemaliger professioneller Händler bei Salomon Brothers, beschreibt gleich zu Beginn seines Buches "Flash Boys" wie 2009 eigens ein 1.331 km langes unterirdisches Glasfaserkabel verlegt worden ist, um eine schnellere Datenverbindung zwischen den beiden Rechenzentren der Chicago Mercantile Exchange und der NASDAQ zu bekommen. Kostenfaktor: Rund 300 Millionen US-Dollar. Nutzen: Ein Zeitvorsprung von wenigen Millisekunden!

Die theoretische Geschwindigkeit mit der Daten via Licht durch Glasfaser transportiert werden können beträgt 12 Millisekunden, also 12 Tausendstel einer Sekunde. Das ist ein Zehntel der Zeit, die Sie benötigen, um schnell mit den Augen zu blinzeln. Die Verbindungen von großen Telefonanbietern wie Verizon, AT&T oder Level 3 bringen es auf Geschwindigkeiten von 16 oder 17 Millisekunden.

Ziel war es nun, das Kabel möglichst schnurgerade von Chicago nach New Jersey zu verlegen (das Rechenzentrum der NASDAQ befindet sich in Carteret, New Jersey), um so eine Geschwindigkeit von 13 Millisekunden zu erreichen. Was letztlich auch gelang. Dan Spivey, ein ehemaliger Optionshändler, der das Projekt federführend vorantrieb, sprach nach erfolgreicher Fertigstellung "vom größten Knall, den die Branche seit langem erlebt hat".

Diese Geschichte macht deutlich, welche große Rolle der Faktor Geschwindigkeit spielt und um wie viel Geld es dabei geht. Der dritte Faktor neben den Kursspannen und der Geschwindigkeit ist die Markttiefe.

Das heißt in Märkten, in denen extrem hohes Handelsvolumen vorhanden ist, können die HFT-Trader mit besonders großen Positionen hantieren (also mit besonders viel Kapital traden) und so auch besonders große Gewinne erzielen - wie zum Beispiel bei einem Flash Crash.

Ist das Ganze auch für etwas anderes gut, außer die Taschen der Händler zu füllen? High Frequency Trader argumentieren, dass sie dem Markt mehr Liquidität zur Verfügung stellen und deshalb auch "normale" Börsianer schnellere und bessere Ausführungskurse erhalten.

Das ist aber nur teilweise richtig. Zwar gibt es in der Tat inzwischen blitzschnelle Ausführungen beim Handel mit Aktien, in denen sich HFT-Trader tummeln, aber besser sind die Kurse dadurch nicht geworden, siehe das obige Beispiel mit der 20 Euro-Aktie. Von der geringeren Spanne zwischen Kauf- und Verkaufskurs profitieren ja die High Frequency Trader und nicht die Privatanleger oder herkömmliche Fondsmanager.

Ohne Zweifel ist es so, dass der computergesteuerte Handel in Verbindung mit dem Internet, entsprechenden alternativen Handelsplattformen und die auf Trader spezialisierte Broker (wie beispielsweise Interactive Brokers) dafür gesorgt haben, dass die Transaktionskosten rapide gefallen sind. Das ist natürlich auch für uns als Privatanleger eine gute Sache. Ich sehe allerdings keinen Anhaltspunkt dafür, dass dies auch das Verdienst der High Frequency Trader ist.

Welche Rolle spielt High Frequency Trading bei Flash-Crashs?

Nützlich ist High Frequency Trading für die Finanzmärkte und ihre Akteure (die nicht HFT-Trader sind) also nicht. Eine andere Frage ist, wie gefährlich es sein kann und ob es tatsächlich für Flash-Crashs verantwortlich gemacht werden kann?

Zumindest das Untersuchungsergebnis der US-Strafverfolgungsbehörden für den Flash-Crash von 2010 deutet darauf hin. Die Geschichte dahinter, so sie sich denn tatsächlich so zugetragen hat, ist ein echter Knaller:

In deren Mittelpunkt steht der indische Daytrader Navinder Singh Sarao, der vom Haus seiner Eltern in einem Londoner Vorort aus, den Markt manipuliert haben soll. Seine Vorgehensweise gleicht in Grundzügen der der oben beschriebenen anderen High Frequency-Trader.

Er hat mit einem Algorithmus gearbeitet, der mit großen fiktiven Kauf- oder Verkauforders (die dann sofort wieder zurückgezogen wurden) anderen Tradern signalisiert hat, dass der Preis steigen oder fallen könne. Die durch dieses Täuschungsmanöver entstandenen Preisschwankungen hat er ausgenutzt, um Gewinne zu erzielen.

Nachdem sich erste Erfolge eingestellt hatten, habe er diese Strategie immer weiter ausgereizt, so die US-Derivateaufsicht CFTC, und z.B. mit riesigen (Fake-)Verkaufsorders die Preise immer weiter nach unten manipuliert. Insider bezeichnen seine Abzock-Technik als Dynamic Layering. Der von ihm programmierte Algorithmus passte den gebotenen Preis für seine Verkaufsorders immer so an, dass nicht die Gefahr einer Ausführung bestand.

Weil die Orders aber so groß waren vermittelten sie anderen Marktteilnehmer den Eindruck, dass das Orderbuch prallvoll mit verschiedenen Schichten ("Layers") aus Verkaufsaufträgen sei, mit anderen Worten also riesiges Verkaufsinteresse vorhanden sei.

An besagtem 6. Mai 2010 sei das Ganze wohl aus dem Ruder gelaufen und habe in einer Art Kettenreaktion eine Verkaufspanik ausgelöst, die vom Futures- auf den Aktienmarkt übersprang und den ganzen Markt mit in die Tiefe gezogen haben soll.

Wichtig zu verstehen: Singh Sarao handelte nicht mit Aktien sondern mit Futures-Kontrakten an Terminmärkten (E-minis). Weil es hier offenbar keine Margin-Beschränkungen gab (oder er diese umging?), konnte er so tun, als ob er zehntausende Kontrakte auf einmal verkaufen wolle, die einen Wert von mehreren Milliarden US-Dollars ausgemacht hätten (obwohl er nur einen Bruchteil dieses Geldes tatsächlich besaß). Er hätte so regelrecht "mit den Märkten spielen" können, heißt es in der Klageschrift weiter.

Liest sich etwas, wie aus einem schlechten Filmdrehbuch, oder? Fakt ist aber, dass er am Flash Crash-Tag knapp eine Million US-Dollar verdient und mit seiner Strategie insgesamt ein Vermögen von über 40 Millionen US-Dollar angehäuft hat, den Großteil davon auf einem Schweizer Bankkonto, das er inzwischen offen gelegt hat.

Das US-Justizministerium hat im April seine Auslieferung in die USA beantragt, wo ihm im Falle einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe von 380 Jahren droht. In Anlehnung an den Film "Wolf of Wall Street" wird Singh Sarao bereits der "Hound of Hounslow" genannt. Hounslow ist der Name des Londoner Vororts, von dem aus er agiert hat.

Er selbst sieht sich als Sündenbock der US-Justiz und versucht mit allen Mitteln seine Auslieferung zu verhindern. Offenbar existiert inzwischen ein Attest, wonach er an einer schweren Form des Asperger-Syndroms leide (dem Autismus ähnliche Erkrankung).

Im August wurde er gegen Zahlung einer Kaution und der Offenlegung seiner Vermögenswerte auf freien Fuß gesetzt. Am 24. September soll nun endgültig entschieden werden, ob er in die USA ausgeliefert wird oder nicht.

Fragile Märkte

Unabhängig von der Person und der Rolle die Singh Sarao beim Flash-Crash 2010 gespielt hat, zeigt das Vorkommnis wie fragil die heutigen computergesteuerten Märkte sind und dass dringend stärkere Regulierungen beim Hochfrequenz-Handel bzw. beim Derivatehandel erforderlich sind.

Der Flash-Crash vom Montag unterscheidet sich insofern vom 2010er-Crash als dass hier bereits extreme Verluste in anderen Märkten (ausgehend von China) aufgelaufen waren und diese mit Sicherheit auch zur Panik an den US-Märkten beigetragen haben.

Die Größenordnung der Verluste ist ein Indiz dafür, dass hier erneut ausgehend vom Futures-Markt eine Manipulation vorgelegen haben könnte. Möglich ist aber auch, dass automatisierte Handelsprogramme ohne kriminelle Absichten Einzelner schlicht für eine Kettenreaktion gesorgt haben.

So oder so beunruhigend, weil davon ausgegangen werden muss, dass sich ähnliche Vorfälle jederzeit wieder ereignen könnten.

Womit wir wieder bei den Folgen für uns als Privatanleger und der obigen Frage, ob überhaupt noch mit reinen Stopp-Loss-Orders gearbeitet werden sollte bzw. wie man sich vor extremen Ausschlägen schützen kann, wären.

Die Antwort fällt nicht leicht. Zwar gab es bisher nur zwei Flash-Crashs und das in einem Abstand von fünf Jahren. Allerdings kann der Schaden, den Stopp-Loss-Orders in einem solchen Fall anrichten können, leicht die Gewinne eines Jahres oder noch mehr auslöschen (siehe auch die obigen Charts von Apple und General Electric).

Einen 100%-igen Schutz vor Kursverlusten gab es ohnehin auch bisher bereits nicht, weil Stop-Loss-Orders bei schlechten außerbörslichen News und einem Kurssturz gleich zu Beginn des folgenden regulären Handels (Gap-Down) nutzlos sein können.

Ich halte es für sinnvoll, einen Teil des Depots mit konservativen Werten komplett ohne Stopp-Loss-Orders laufen zu lassen, bei einem Teil des Depots die Stop-Loss-Order mit Limit-Orders zu ergänzen (siehe oben) und bei einem weiteren Teil des Depots mit spekulativen, liquiden Werten weiterhin mit echten Stop-Loss-Orders zu arbeiten. So können Sie das Risiko zumindest streuen.

Bei nicht liquiden Werten sollten Sie ohnehin keinen Stopp im Markt platzieren. Wenn Sie aktiv handeln möchten, kann es sinnvoll sein, sich via Smartphone warnen zu lassen, wenn bei einer Aktie eine bestimmte "mentale" Stoppmarke unterschritten worden ist, um dann in der Folge den tatsächlichen Verkauf manuell und mit Limit vornehmen zu können. In meinem Premium-Börsenbrief Trend-Trader gibt es für alle Leser einen kostenlosen SMS-Service für den Fall einer Unterschreitung eines Stoppkurses.

MEIN FAZIT:

Der jüngste Flash Crash vom Montag mit zwischenzeitlichen Verlusten von bis zu 25 Prozent selbst bei Blue Chip-Aktien und die anschließende fulminante Erholung erinnern teilweise an den Flash-Crash vom Mai 2010.

Die Ursachenforschung für diesen ersten Flash-Crash wurde erst vor kurzem abgeschlossen und deutet darauf hin, dass ein einzelner, auf eigene Rechnung agierender High Frequency Trader maßgeblich für diesen Crash verantwortlich war.

Er verwendete dabei Handelsstrategien mit denen vom Prinzip her auch andere High Frequency Trader arbeiten (Fake Orders). Ich finde es beängstigend, dass die Märkte inzwischen so leicht zu manipulieren sind. Hier müssen dringend stärkere Regulierungen her, speziell beim Futures-Handel.

Viele Privatanleger, die mit Stop-Loss-Orders arbeiten waren bzw. sind die Leidtragenden, weil Sie teilweise zu äußerst schlechten Kursen aus ihren Positionen ausgestoppt worden sind. Ich rate daher dazu, Stop-Loss-Orders nur noch in besonderen Fällen direkt im Markt zu platzieren und ansonsten mit mentalen Stopps zu arbeiten, Stopps um Limit-Orders zu ergänzen oder bei bestimmten Aktien ganz ohne Stopps zu arbeiten.

Viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage wünscht
Armin Brack
Chef-Redakteur Geldanlage-Report
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