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Hüfners Wochenkommentar: "Der Schwachpunkt beim letzten Bond-Crash"

Börse Frankfurt - Indizes - 07.07.2017

7. Juli 2017. MÜNCHEN (Assenagon). Bei ihrer letzten Sitzung vor drei Wochen passierte der amerikanischen Federal Reserve ein Missgeschick. Genau an dem Mittwoch, an dem sie eine Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte beschließen wollte (und die Märkte auch darauf vorbereitet hatte), wurde bekannt, dass die Inflation zuletzt von 2,2 Prozent auf 1,9 Prozent gefallen war. Das passte so gar nicht zusammen. Wie kann man die Zinsen anheben, wenn die Inflation zurückgeht?

Sicher hat der eine oder andere Gouverneur in der Sitzung noch überlegt, ob er unter den geänderten Umständen der Zinserhöhung noch zustimmen könne. Die Zweifel wurden dann aber verworfen. In der Öffentlichkeit wäre es nicht gut angekommen, wenn die Fed so kurzfristig wegen einer einzigen Zahl ihre Meinung geändert hätte. Ich vermute aber, dass mancher in dem Gremium bei der Entscheidung Bauchgrimmen hatte.

Die Inflation ist nun einmal die wichtigste Variable für die Notenbank. Steigt sie, muss die Notenbank restriktiver werden, geht sie zurück, muss sie ihre Politik lockern. In Europa gilt das uneingeschränkt. In den USA muss die Notenbank daneben auch noch für einen ordentlichen Beschäftigungsstand sorgen.

Höhepunkt bereits hinter uns? - Inflation im Euroraum

Quelle: EZB

Jetzt könnte sich das, was die Federal Reserve gerade hinter sich hat, in Europa wiederholen. Alle Welt drängt die EZB, angesichts der guten Konjunktur und der Gefahr einer Überhitzung, den Kurs der Geldpolitik zu korrigieren. EZB-Präsident Draghi hat sich in der vorigen Woche selbst in diesem Sinne geäußert. Das hat an den Märkten einen Bond-Crash ausgelöst. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen hat sich von 0,22 Prozent auf knapp 0,50 Prozent mehr als verdoppelt.

Kurz nach Draghis Rede kam dann heraus, dass die Inflationsrate im Juni von 1,4 Prozent auf 1,3 Prozent gefallen ist. Muss die EZB jetzt zurückrudern? War der Bond-Crash ein Fehlalarm?

Nein, weder das eine noch das andere. Vier Gründe dafür: Erstens sollte die Zentralbank nicht wie das Kaninchen auf die Schlange auf jede Zuckung bei den Statistiken schauen. Sie muss nicht in jedem Monat für eine zielgerechte Inflation sorgen, sondern nur mittelfristig.

Zweitens: Alles spricht dafür, dass sich die Inflation auf Dauer erhöhen wird. Die Konjunktur ist gut. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit wird zu höheren Lohnsteigerungen führen. Die Energiepreise werden sich bei einem globalen Anstieg der Nachfrage erhöhen. In der Währungsunion wird sich die Lage auch bei den Ländern verbessern, die jetzt noch in großen Schwierigkeiten sind. Das Ganze kann länger dauern als es die - oft etwas ungeduldigen - Volkswirte glauben, es wird aber am Ende so kommen.

Drittens: Selbst, wenn der unwahrscheinliche Fall eintritt, dass die Inflation nicht nach oben geht, sondern vielleicht wegen sinkender Rohstoffpreise niedrig bleibt, kann (und sollte) die EZB einen weniger expansiven Kurs fahren. Es wird nämlich viel zu oft übersehen, dass die derzeitigen Null- und Negativzinsen und die Überflutung der Märkte mit Liquidität schon lange keine positiven Wirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung mehr entfalten. Sie erschweren die Altersvorsorge in einer demografisch prekären Situation. Sie führen zu Blasen an den Aktien-, Renten- und Immobilienmärkten. Sie gefährden die Finanzstabilität, weil sie die Margen von Banken und Versicherungen immer mehr drücken. Die Kredite der Banken an den Privatsektor steigen derzeit im Euroraum trotz der guten Konjunktur nur um 3 Prozent. Das ist im Hinblick auf die Investitionserfordernisse viel zu wenig.

Der Ökonom Markus Brunnermeier hat vor kurzem in einer interessanten Studie ("The reversal interest rate: The effective lower bound of monetary policy") gezeigt, dass sich diese negativen Effekte verstärken je länger die ultralockere Geldpolitik anhält. Das ist vielleicht ein Grund für die anhaltende Malaise in Japan. Das Land hat viel zu lange an der expansiven Geldpolitik festgehalten. Es hat damit seine Probleme nicht gelöst, sondern im Gegenteil noch verschärft. Ein solches Schicksal sollten die Europäer in jedem Fall vermeiden.

Viertens schließlich muss sich die EZB auch auf den Fall vorbereiten, in dem die Konjunktur nicht mehr so gut läuft und sie dann gegen eine Abschwächung ankämpfen muss. Dafür braucht sie Reserven für eine expansivere Geldpolitik (das heißt Zinsen, die sie senken, und Liquidität, die sie ausweiten kann). Die hat sie derzeit nicht.

Die Schlussfolgerungen: Zum einen wird die Zentralbank an dem Kurs, die Geldpolitik zu normalisieren, festhalten, auch wenn die Inflation nicht oder noch nicht an die Grenze von 2 Prozent kommt. Die EZB handelt sich dadurch in manchen Ländern (nicht in Deutschland) sicher Kritik ein.

Zum anderen beruht der Crash an den Bondmärkten in den letzten Tagen nicht auf einem Fake. Die Geldpolitik ändert sich wirklich. Wegen der niedrigen Inflation wird es aber kein Maxi-, sondern allenfalls ein Mini-Crash. Er beschleunigt sich - wenn nicht noch etwas Unvorhergesehenes dazu kommt - nicht von selbst, wie man das sonst häufig beobachtet. Dazu geht die EZB zu vorsichtig vor und dazu ist auch die Konjunktur zu gut.

Für den Anleger

Manche sehen in den Ereignissen der letzten Woche ein Wetterleuchten. Sie fürchten das Ende der acht Jahre dauernden "Party" auf den Aktien- und Rentenmärkten. Ich halte diese Sorge nicht für gerechtfertigt. Sicher wird es im zweiten Halbjahr mehr Unsicherheit geben. Die Kurse werden sich nicht so schön entwickeln wie in den ersten sechs Monaten. Andererseits ist ein langsamer und geordneter Abschied von der ultralockeren Geldpolitik nichts Schlechtes. Es ist ein Schritt in eine bessere, weil solidere Welt.

7. Juli 2017, © Assenagon
Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa – Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.


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