Research I Bonds

weitere Kolumnen & Analysen

Anzeigen

Hüfners Wochenkommentar: " Würden Sie heute eine 100-jährige Mexiko-Anleihe kaufen?"

Börse Frankfurt - Bonds - 01.06.2017

1. Juni 2017. MÜNCHEN (Assenagon). Jeder weiß, dass das Kursrisiko bei länger laufenden Anleihen größer ist als bei Papieren mit kürzeren Laufzeiten.

In einer Zeit, in der die Zinsen nach Ansicht vieler zu steigen beginnen (und damit die Kursrisiken am Anleihe-Markt zunehmen), sollte man von langlaufenden Rentenpapieren also die Finger lassen. Die Realität sieht aber ganz anders aus. Seit einiger Zeit scheinen länger laufende Titel richtige Renner auf den Finanzmärkten zu sein. Derzeit ist ihr Marktanteil zwar noch gering, er wächst aber. Was steckt dahinter?

In Deutschland plant der Bund in diesem Jahr 30-jährige Anleihen im Wert von 11 Milliarden Euro zu begeben. Das ist der höchste Betrag in den vergangenen zehn Jahren. Dazu kommen 51 Milliarden Euro in zehnjährigen Titeln. Die Grafik zeigt, dass bei den Emissionen des Bundes der Anteil kürzer laufender Papiere unter < 5 Jahren ständig abnimmt. Der Anteil länger laufender Titel steigt dagegen. Der Anteil der 30-jährigen Papiere hat sich seit 2009 verdoppelt.

Es geht aber auch noch länger. In den letzten Jahren haben einige Staaten (unter anderem Frankreich, Irland, Spanien) Wertpapiere mit einer Laufzeit von 50 Jahren begeben. Mexiko und China ebenso wie einige private Unternehmen (zum Beispiel Bayer, Coca Cola, IBM) sind sogar mit 100-jährigen Anleihen am Markt. Früher gab es sogar "ewige Anleihen", bei denen kein Tilgungstermin vorgesehen war. Hier hatte nur der Emittent ein Kündigungsrecht. Das gibt es heute jedoch nicht mehr.


Quellle: Finanzagentur

Die USA haben sich am Wettlauf um besonders langlaufende Anleihen bisher nicht beteiligt. Angeblich prüft der neue amerikanische Finanzminister derzeit aber auch die Emission von Treasuries mit 50 oder gar 100 Jahren Laufzeit. Der deutsche Finanzminister kann sich bisher noch nicht mit solchen Gedanken anfreunden. Er fürchtet, dass es noch nicht genug Liquidität in solchen Marktsegmenten gibt. Österreich hat diese Bedenken nicht. Es ist mit einer 50-jährigen Anleihe am Markt.

Woher kommt die neue Beliebtheit länger laufender Anleihen? Auf der Seite der Emittenten ist es klar. Sie wollen sich das niedrige Zinsniveau auf längere Zeit sichern. Sie wollen Zinsänderungsrisiken vermeiden. Zudem wollen sie die Refinanzierungsrisiken verringern, indem sie Tilgungen in die Zukunft verlagern. Eine Rolle spielt für viele auch der Wunsch, bei steigender Gesamtverschuldung neue Nachfragesegmente zu erschließen.

Eigentlich ist es überraschend, dass der deutsche Finanzminister angesichts dieser Vorteile nur 6 Prozent seiner Mittel in Form von 30-jährigen Papiere holt.

Wäre es nicht sinnvoll, mehr 30-jährige zu begeben? Nicht unbedingt. Die Wahl der Laufzeitenstruktur ist nämlich eine komplexe Optimierungsaufgabe. Bei 30-jährigen Anleihen ist die Rendite heute mit 1,15 Prozent erheblich höher als die für 10-jährige Papiere (0,3 Prozent), ganz zu schweigen von den Negativzinsen bei Laufzeiten bis sieben Jahren. Die Aufnahme längerfristiger Schulden ist für den Staat daher zunächst einmal teuerer. Er muss daher abwägen, ob dieser Nachteil durch den Vorteil niedrigerer Zinsen auf lange Sicht aufgewogen wird. Dabei kann man sich auch verkalkulieren. Manch ein Emittent hat in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass die Zinsen nach der Begebung langfristiger Papiere nicht wie erwartet gestiegen, sondern noch weiter gefallen sind.

Und bei den Anlegern? Wie kommt jemand auf die Idee, einen 30- oder gar 50-jährigen Bond zu kaufen, bei dem er weiß, dass er die Tilgung vielleicht gar nicht mehr erleben wird? Hier muss man unterschiedliche Interessenlagen berücksichtigen. Pensionsfonds und Versicherer sind an einem stabilen Strom von Zahlungen interessiert, mit dem sie ihre langfristigen Verpflichtungen gegenüber den Kunden erfüllen können. Sicherheit geht vor maximaler Rendite. Vor Kursrisiken bei Zinssteigerung müssen sie keine Angst haben, da sie die Papiere bis zum Ende der Laufzeit halten wollen. Freilich ist beim Erwerb solcher Anleihen besonders auf die Bonität des Schuldners zu achten.

Viele dieser Institutionen profitieren heute noch von langlaufenden Papieren aus früheren Jahren. Sie schützen sie jetzt vor den schlimmsten Folgen der Niedrigzinspolitik. In einigen Ländern verlangen die Aufsichtsbehörden eine Anpassung der Laufzeitenstruktur auf der Aktivseite an die Verbindlichkeiten der Passivseite.

Bei Privatanlegern ist die Interessenlage anders. Für sie ist das überwiegende Motiv die Erzielung höherer Renditen. So wie man den Ertrag eines Portfolios durch Hochzinsanleihen von Unternehmen erhöhen kann (und damit Bonitätsrisiken in Kauf nimmt), so kann man auch Anleihen mit längeren Laufzeiten beimischen. Das ist dann freilich mit Zinsänderungsrisiken verbunden.

Gesamtwirtschaftlich ist der Trend zu längeren Laufzeiten am Kapitalmarkt positiv zu bewerten. Schuldner können ihre Tilgungs- und Refinanzierungsverpflichtungen besser kalkulieren. Gläubiger haben sichere Einnahmen zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten. Beide sind nicht so sehr von den Unwägbarkeiten des Kapitalmarkts abhängig. Die Hektik auf den Kapitalmärkten wird geringer, die Stabilität des Finanzsystems größer. Andererseits ist die Durchschlagskraft der Geldpolitik bei der Steuerung der Volkswirtschaft geringer.

Für Anleger

Länger laufende Anleihen sind attraktiv in Zeiten hoher Zinsen beziehungsweise einer steilen Zinsstruktur. Beides ist derzeit nicht gegeben. Sicher bringt eine 30-jährige Anleihe mehr Zins als kürzerfristige Titel. Aber das Risiko von Kursverlusten bei steigenden Zinsen ist aus meiner Sicht zu groß. Ich würde warten, bis die Zinsen höher sind, und stattdessen eher Schwellenländer- oder Unternehmensanleihen kaufen.

1. Juni 2017, © Assenagon


Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa – Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

Marktticker

Quotes by TradingView

Research

weitere Kolumnen & Analysen

Anzeigen

Charttechnischer Ausblick - DAX-Future (Kontrakt 06-18) - 14. KW 2018

LYNX Broker - Indizes - Analysen - 03.04.2018
Der DAX-Future (FDAX) konnte in der letzten Handelswoche die aktuellen Jahrestiefs nur für kurze Zeit geringfügig ausbauen und tendierte danach, wie angenommen, in Richtung 12.000 und folgend knapp über den Widerstand von 12.100 Punkten. ... mehr

ETFs: Suche nach Alternativen

Börse Frankfurt - Indizes - 03.04.2018
3. April 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Start in den April ist an der Börse gründlich misslungen: Vor Ostern war es noch nach oben gegangen, so kletterte der DAX am Gründonnerstag auf 12.096,73 Punkte. Am heutigen Dienstag sieht es vor dem Hintergrund schwacher US-Börsen aber tiefrot aus, am Mittag notiert der DAX bei nur 11.962 Zählern. Der sich verschärfende Handelsstreit zwischen den USA und China belastet: ... mehr

Euwax Trends: Nervosität nach Ostern: Verkaufsdruck bei Chip-Werten - Handelsstreit belastet den Aktienmarkt

Börse Stuttgart - Marktberichte - 03.04.2018
Die Kurse am deutschen Aktienmarkt rutschen nach Ostern erneut ab. So notiert der DAX aktuell bei 12.022 Punkten mit 0,6 Prozent im Minus. Das vorläufige Tagestief wurde am Vormittag bei 11.913 Zählern festgestellt. Nun ist also erneut die Marke von 12.000 Punkten, die der Leitindex erst am vergangenen Donnerstag zurückerobert hatte, zeitweise nach unten durchbrochen worden. ... mehr

Charttechnischer Ausblick - S&P-Future (Kontrakt 06-18) - 14. KW 2018

LYNX Broker - Indizes - Analysen - 03.04.2018
Der S&P-Future zeigte in der vergangenen Handelswoche eine eher seitwärts tendierende Bewegung, mit der Marke von rund 2.660,00 Punkten als obere und dem Unterstützungsbereich 2.590,00 als untere Grenze. Geplante Verkäufe an Widerständen hielten somit recht gute Trade-Szenarien bereit. ... mehr

Charttechnischer Ausblick - Bund-Future (Kontrakt 06-18) - 14. KW 2018

LYNX Broker - Bonds - Analysen - 03.04.2018
Ohne nennenswerte Anzeichen schob sich der Bund-Future in den vergangenen Handelstagen weiter nach oben und erreichte am Mittwoch das Wochenziel von knapp 159,75. Widerstände in den aktuellen Kursbereichen stellten nur geringfügige Hindernisse dar und konnten teilweise sauber durchstoßen werden. ... mehr

Charttechnischer Ausblick - EUR/USD - 14. KW 2018

LYNX Broker - Forex - Analysen - 03.04.2018
Mit merklichem Momentum konnte sich der EUR/USD in der vergangenen Handelswoche über die Hochs der vorletzten Handelswoche schieben, was zu interessanten Kaufchancen führte. Mit dem Erreichen des Hochs von 1,2475 war der Aufwärtsmove jedoch wieder vorbei und der Wert fiel in die Schiebezone zwischen 1,2400 und 1,2250 zurück. ... mehr

Tagesausblick Aktien: DAX wieder unter Druck

Helaba Floor Research - Indizes - 03.04.2018
Aktienmarkt Am Donnerstag ging der DAX bei 12.096,72 Zählern aus dem Handel. Dies entsprach einem Plus in Höhe von 1,3 Prozent. Anleger nutzen das zuvor reduzierte Kursniveau zum Einstieg, wenngleich auch das Quartalsende (Stichwort: “window dressing“) eine wesentliche Rolle gespielt haben dürfte. ... mehr

Henkel – den DAX langfristig geschlagen

LYNX Broker - Indizes - Aktien - 03.04.2018
Fundamentalbetrachtung der Henkel AG Die Die Henkel AG & Co. KGaA verfügt den eigenen Angaben zufolge weltweit über ein diversifiziertes Portfolio mit starken Marken, Innovationen und Technologien in seinen drei Unternehmensbereichen. Im stärksten Konzernsegment Adhesive Technologies – dem Klebstoffbereich – mit einem Umsatzanteil von 47 Prozent gilt Henkel als globaler Marktführer. ... mehr

Bund Future - Erwartete Trading Range: 158.57-160.07

Helaba Floor Research - Bonds - 03.04.2018
An den internationalen Finanzmärkten kehrte vorösterliche Ruhe ein. Nach einem von großer Verunsicherung und Nervosität geprägten Handelsverlauf standen im Handelsstreit der USA mit China die Zeichen auf Entspannung. Während der Ausverkauf an den Aktienbörsen zum Stillstand kam, legten auch festverzinsliche Papiere eine Verschnaufpause ein. ... mehr

Tagesausblick Renten/Devisen: Stimmungsindikatoren im Fokus

Helaba Floor Research - Forex - 03.04.2018
statistDie verkürzte Handelswoche startet mit den Einkaufsmanagerindizes des Verarbeitenden Gewerbes in der Eurozone. Vorabschätzungen in Deutschland und Frankreich lassen auf nachlassende Stimmungsumfragen schließen. Auch der schwelende Handelskonflikt mit den USA könnte negativen Einfluss auf die Stimmung der Einkaufsmanager ausüben. ... mehr

Ripple (XRP): Bärische Ostern belasten den Kurs

DailyFX - Marktberichte - Kryptowährungen - 03.04.2018
Der bankennahe Token ist nicht gut auf Ostern zu sprechen. Über die Feiertage hatte der Kurs zeitweise rund 14 Prozent ausgehend von Freitag nachgegeben. Darüber hinaus steht die 0,50-US-Dollar-Marke aktuell unter Beschuss. Die Osterfeiertage konnten den Ripple-Kurs nicht beflügeln. ... mehr

DAX: Unsicherheiten bleiben bestehen

IG Markets Research - Marktberichte - 03.04.2018
03.04.2018 – 07:15 Uhr (Werbemitteilung): US-Präsident Donald Trump bleibt auch weiterhin ein Risikofaktor für die Finanzmärkte. Der drohende Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China dürfte auch zu Beginn des zweiten Quartals das zentrale Thema sein. Vorbörslich dürfte der DAX mit deutlichen Kursabschlägen in die Woche starten. ... mehr

Neue ETFs: Dividendenstarke Aktien aus USA und weltweit

Börse Frankfurt - Trading Business - 03.04.2018
3. April 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Deutsche Asset Management erweitert das Angebot an Exchange Traded Funds auf Xetra und im Frankfurter Parketthandel. Mit den zwei neuen Aktien-ETFs erhalten Anleger die Möglichkeit, an der Wertentwicklung von Unternehmen mit hoher Dividendenrendite und soliden Finanzkennzahlen zu partizipieren. ... mehr

Neuer ETF: Inflationsgeschützte US TIPS

Börse Frankfurt - Trading Business - 03.04.2018
3. April 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Emittent iShares erweitert das Angebot an Renten-ETFs auf Xetra und an der Börse Frankfurt. Mit dem Rentenindex-ETF können Anleger an der Wertentwicklung von auf US-Dollar lautenden, inflationsindexierte Anleihen des US-Schatzamtes (US TIPS) partizipieren. ... mehr

Charttechnik: Bitcoin, Bitcoin Cash, Ethereum

Formationstrader I H. Esnaashari - Forex - Kryptowährungen - 02.04.2018
Video-Chartanalyse Kryptowährungen Der Bitcoin-Preis läuft eine untergeordnete Unterstützung an. Von hier aus hat Preis Stabilisierungspotential. ... mehr

Anzeigen