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Hüfners Wochenkommentar: "Euro ohne Deutschland?"

Börse Frankfurt - Forex - 23.02.2017

23. Februar 2017. MÜNCHEN (Assenagon). Vor ein paar Tagen sprach ich in Wien mit dem Vorstand einer renommierten österreichischen Privatbank über die Probleme in der europäischen Währungsunion. In vielen Punkten waren wir unterschiedlicher Meinung. Schließlich meinte er resignierend (freilich nicht ganz ernst gemeint): Dann bleibt doch nur, dass Deutschland aus dem Euro ausscheidet.

Das ist eine Meinung, die ich in letzter Zeit häufiger höre. Ich vermute, dass sie an Gewicht gewinnen wird, wenn es im Euro zu noch größeren Spannungen kommen sollte und - Gott sei's geklagt - vielleicht sogar ein Mitglied ausscheidet. Es ist daher gut, sich frühzeitig mit den Argumenten vertraut zu machen.

Der Grund für die Idee, sich den Euro ohne Deutschland vorzustellen, ist naheliegend. Die Bundesrepublik gilt im Euro vielfach als Störenfried. Es ist das Land, das am meisten die Einhaltung der Stabilitätskriterien einfordert. Es hat einen riesigen Leistungsbilanzüberschuss. Es ist wettbewerbsfähiger und erfolgreicher auf den internationalen Märkten. Ohne die Deutschen wäre der Wechselkurs des Euros schwächer. Die anderen Länder hätten es leichter auf den Weltmärkten zu konkurrieren. Die Geldpolitik wäre vermutlich noch lockerer. Das Leben wäre für manch einen leichter in Europa.

Deutschland im Mittelfeld

Quelle: Prognose der EU-Kommission

So jedenfalls scheint es auf den ersten Blick. Wenn man genauer hinschaut, wird jedoch schnell klar, dass vieles nicht leichter, sondern schwerer würde. Das gilt für die Währungsunion insgesamt, für die Länder, die dann noch im Euro verblieben und auch für Deutschland selbst. Hier acht Gründe dafür.

Erstens würde sich die Qualität des Euros verschlechtern. Die Preise würden stärker steigen. Die öffentlichen Defizite und die Verschuldung wären größer. Die Realzinsen der Sparer wären noch niedriger und die Altersvorsorge noch schwieriger. Kapitalzuflüsse aus dem Ausland wären geringer. Auf internationaler Ebene spielte der Euro nur noch eine unbedeutende Rolle. Das würde sich auch negativ auf die Akzeptanz des Euros im Innern auswirken. Wer mag schon eine schwache Währung?

Zweitens wäre die Funktionsfähigkeit der Gemeinschaftswährung gefährdet. Eine Währung braucht nicht nur eine gemeinsame Zentralbank. Sie braucht auch Regeln für gesundes und richtiges Verhalten seiner Mitglieder. Das durchzusetzen wäre ohne Deutschland schwerer. Es fehlte dann jemand, der durch eigenes Beispiel die Regeln glaubwürdig einfordern kann.

Drittens ist auch unabhängig davon zu bezweifeln, dass die Gruppe der Länder, die beim Ausscheiden Deutschlands aus dem Euro zurückbliebe, eine arbeitsfähige Währungsunion bilden könnte. Sie ist keineswegs homogen. Manche plädieren für mehr Stabilität, andere wollen weniger Einmischungen in nationale Angelegenheiten und häufigere Abwertungen. Es ist zu vermuten, dass das eine oder andere Land dem Beispiel Deutschlands folgen würde und ebenfalls austräte. Die ganze Sache liefe dann auf die bekannte Diskussion über einen Nord- und einen Südeuro hinaus, bei der jeder inzwischen weiß, dass sie nicht funktioniert.

Viertens gäbe es auf Dauer weniger Wachstum und Beschäftigung, selbst wenn die Länder eine expansivere Fiskalpolitik betreiben könnten. Deutschland ist nun einmal der wichtigste Handelspartner im Euroraum. Wenn es nicht mehr der gemeinsamen Währung angehören würde, würde der Handel durch höhere Währungsrisiken belastet. Die Währungsabsicherung würde teurer. Die Arbeitsteilung nähme ab.

Fünftens ist es nicht richtig, dass Deutschland im Euro aufgrund seiner Performance ein Störenfried ist. Es steht zwar in Sachen Geldentwertung und Verschuldung besser da. Bei Wachstum und Investitionen rangiert es aber nur im Mittelfeld (siehe Grafik). Andere Länder wie Spanien, Irland und Portugal haben in den letzten Jahren gezeigt, dass man bei konsequenter Einhaltung der Regeln in der Gemeinschaft erfolgreich sein kann.

Sechstens könnte auch Deutschland mit einem Austritt aus dem Euro nicht glücklich werden. Es hätte dann zwar mehr Freiheiten, seine stabilitätspolitischen Vorstellungen durchzusetzen. Es wäre aber politisch isoliert. Das ist für ein Land, das von so vielen anderen Staaten umgeben ist und das eine so schwierige Geschichte mit seinen Partnern hatte, gelinde gesagt problematisch.

Siebtens wäre es auch wirtschaftlich schwerer für Deutschland. Es geriete in die Position, die es über Jahrzehnte im System flexibler Wechselkurse hatte. Die Exportunternehmen müssten mit der ständigen Gefahr der Aufwertung der Währung rechnen. Die Notenbank müsste intervenieren und dabei ihre Stabilitätsziele vernachlässigen. Wir sehen in diesen Jahren gerade an der Schweiz, wie schwierig das für ein Land ist.

Achtens schließlich wäre ein Ausscheiden Deutschlands aus dem Euro ein schwerer Rückschlag für die EU insgesamt. Es ist fraglich, ob die Gemeinschaft das überleben würde. In jedem Fall verlöre sie an Standing, Einfluss und Durchsetzungskraft in der Welt. Ein Großteil der Vorteile des Binnenmarktes - nämlich die festen Wechselkurse - ginge verloren.

Für Anleger

Für Anleger haben diese Betrachtungen keine unmittelbaren Auswirkungen. Festzuhalten ist aber, dass derzeit auch bei einer Eskalation der Spannungen im Euro nicht befürchtet werden muss, dass Deutschland aus der Währungsunion austritt oder dass es von den anderen gar herausgeschmissen wird. Darüber redet man zwar gerne, es wäre aber ein Verlustgeschäft.

von Dr. Martin Hüfner
23. Februar 2017, © Assenagon

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa – Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

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