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Hüfners Wochenkommentar: "Rückläufige Investitionen in den USA"

Börse Frankfurt - Indizes - 29.07.2016

29. Juli 2016. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Eigentlich müsste die US-amerikanische Wirtschaft ganz in Ordnung sein. Das reale Sozialprodukt wächst (im zweiten Quartal vermutlich mit einer Rate von 2 Prozent bis 2,5 Prozent). Die Arbeitslosigkeit geht zurück. Die Federal Reserve denkt darüber nach, die monetären Bedingungen zu normalisieren. Die Aktienkurse sind seit Jahresbeginn nicht gefallen, sondern gestiegen. Wie schön wäre es, wenn wir auch in Europa so gute Bedingungen hätten!

Das gilt aber nur "eigentlich". Wenn man genauer hinschaut, sieht das Bild nicht so gut aus. Ich bin hellhörig geworden, als ich beobachtete, dass in vergangener Zeit mehr und mehr Institutionen ihre Prognosen für das Wachstum in den USA zurückgenommen haben. Morgan Stanley und Deutsche Bank Research beispielsweise taxieren die reale Zunahme der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr nur noch auf 1,5 Prozent. Das ist für die USA, die über Jahre an Wachstumsraten von 3 Prozent und mehr pro Jahr gewöhnt waren, außerordentlich wenig. Was ist hier los?

Auf dem absteigenden Ast

Private Bruttoinvestitionen, USA. Quelle: Fred

Auf den ersten Blick ist es natürlich der private Verbrauch, der wegen geringerer Lohnsteigerungen nicht mehr so stark nach oben geht. Das ist in einer so auf den Konsum fixierten Wirtschaft wie der der USA nur selbstverständlich. Es ist aber nicht der entscheidende Punkt. Wo sich die Verhältnisse viel stärker geändert haben, ist bei den Investitionen. Schauen Sie sich die Grafik an. Da zeigt sich, dass die Zunahme der realen Bruttoinvestitionen in der US-amerikanischen Wirtschaft seit Jahren deutlich zurückgeht. In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Abfall so stark beschleunigt, dass er auf unter null gefallen ist.

Das ist ungewöhnlich. Es bedeutet, dass in den USA Kapazitäten derzeit nicht aufgebaut, sondern abgebaut werden. Besonders ausgeprägt ist diese Entwicklung im Verarbeitenden Gewerbe, weniger im Bau.

Ich will das nicht unnötig dramatisieren. Zum Teil hängt es mit den niedrigen Ölpreisen zusammen, die einige Investitionen im Energiebereich unrentabel gemacht haben. In diesen Sektor wird nicht nur kein neues Geld gesteckt, es wird sogar Geld abgezogen. Zum Teil spielt auch eine Rolle, dass sich die Wirtschaft in der Spätphase der zyklischen Entwicklung befindet. Der Aufschwung dauert jetzt schon sieben Jahre. Er müsste bald auslaufen. In solchen Zeiten gehen die Investitionen normalerweise zurück. Beides ist vorübergehend. Es ist verkraftbar.

Es ist aber nur die halbe Wahrheit. Was Sorgen machen muss ist, dass die unternehmerische Aktivität nachlässt. Firmen bauen ihre Verschuldung ab (das berühmte "Deleveraging"). Sie kaufen lieber Aktien zurück, statt in neue Anlagen zu investieren. Das ist ein Phänomen, das wir in Europa schon lange beobachten. Es macht sich jetzt aber offenbar auch in den USA breit. Es liegt zum einen daran, dass die Unternehmensgewinne nicht mehr so reichlich sind. Die Margen gehen zurück. Hinzu kommen die gestiegenen politischen Unsicherheiten. Auch die USA sind gegen den Terror nicht gefeit. Niemand weiß, welche Prioritäten beispielsweise ein Präsident Trump (wenn er denn gewählt würde) setzt.

Auf was müssen wir uns einstellen? Das erste ist, dass die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen leidet. Sie bringen nicht mehr so viele Innovationen auf den Markt. Sie leben von der Substanz. Das ist auf den ersten Blick schwer zu verstehen, wenn man sich etwa die Dynamik im Silicon Valley oder die Expansion beim Automobilhersteller Tesla anschaut. Aber man muss bedenken, dass das nur ein kleiner Teil von Amerika ist. Zudem dauert es immer eine Weile, bis sich weniger Investitionen im Marktergebnis zeigen. Im Übrigen dürfen wir das Ganze nicht nur mit der Brille der Europäer sehen, die im IT-Bereich kaum etwas auf die Waage bringen.

Das zweite ist, dass das Wachstumspotenzial der US-amerikanischen Wirtschaft nicht mehr so stark steigt. Auch das ist ein langfristiges Problem. Im Augenblick sind die Kapazitäten noch kein Engpassfaktor für die US-amerikanische Wirtschaft. Es kann auch mit den bestehenden Maschinen und Ausrüstungen noch mehr produziert werden. Aber wenn die Investitionsschwäche anhält, dann gibt es eines Tages Probleme. Dann gibt es Engpässe, die am Ende zu Ungleichgewichten führen.

Drittens gibt es aber auch kurzfristige Wirkungen. Eine ist, dass der US-Dollar auf den Devisenmärkten nicht mehr so stark sein wird. Trotz aller Probleme auch in Europa rechne ich für die nächsten Monate eher mit einer Abwertung der US-amerikanischen Währung. Darüber hinaus hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Zinsen. Die Fed schaut zwar offiziell nur auf die Inflation und den Arbeitsmarkt (wo es derzeit gut aussieht). Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie die Zinsen - auch unabhängig von allen Problemen mit dem Brexit - erhöht, wenn die US-amerikanische Wirtschaft langsamer wächst.

Für Anleger

Im Augenblick stehen die US-amerikanischen Aktienmärkte nach wie vor im Fokus der Investoren. Sie haben sich im bisherigen Verlauf des Jahres wesentlich besser entwickelt als die europäischen. Wenn meine Diagnose aber richtig ist, dann wird das nicht so bleiben. Ich vermute freilich, dass es nicht Europa sein wird, das die USA als Zugmaschine der Finanzmärkte ablösen wird. Es werden die Emerging Markets sein. Dies nicht zuletzt, weil sie im nächsten Jahr wieder höhere gesamtwirtschaftliche Wachstumsraten aufweisen werden.

von: Martin Hüfner
27. Juli 2016, © Assenagon


Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa – Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

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