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Hin und Her macht Taschen leer: Welchen Einfluss das Handelsvolumen auf die Rendite haben kann

Grundlagen Börse

FRANKFURT (Börse Frankfurt). Handeln kostet Geld. Das kann jeder an seiner Wertpapierabrechnung sehen: Deutlich sind die BankgebĂŒhren, Entgelte und Steuern ausgewiesen, die durch die Auftragsbearbeitung entstehen – die so genannten Transaktionskosten. Im Nebel verschwinden indirekte Transaktionskosten, die Anlegern durch den Mangel an Handelsvolumen entstehen. Aussagen wie: „Lass die Finger davon, diese Aktie ist viel zu illiquide“, warnen hĂ€ufig vor einem Kauf. Doch was heißt das?

Trockene MĂ€rkte, teures Handeln

ZunĂ€chst eine BegriffsklĂ€rung: LiquiditĂ€t beschreibt die VerfĂŒgbarkeit eines Wertpapiers und drĂŒckt sich in Kosten aus, die durch den Handel mit diesem Papier entstehen. Bildlich beschrieben ist LiquiditĂ€t die FlĂŒssigkeit, die in einem Markt den Prozess der Preisbildung geschmeidig hĂ€lt.

Zur Erinnerung: Aktienkurse entstehen durch die Preisvorstellungen der KĂ€ufer und VerkĂ€ufer. Auf einem vollkommenen Marktplatz gibt es genĂŒgend Angebot und Nachfrage. Jede aufgegebene Wertpapierorder wird sofort ausgefĂŒhrt, ohne dass die einzelne Order den Preis des Wertpapiers bewegt.

Doch in der RealitĂ€t gehorchen die MĂ€rkte nicht diesem theoretischen Konstrukt. Und der Mangel an VerfĂŒgbarkeit kostet Anleger auf zwei Arten bares Geld: Zum einen verschiebt ein Kauf- oder Verkaufangebot den Kurs auf einem illiquiden Markt zu Ungunsten des Anlegers. Das ist nichts anderes, wie wenn ein AutoverkĂ€ufer den Preis fĂŒr ein Auto anhebt, weil er merkt, dass der KĂ€ufer genau dieses Auto haben will. Und in der erkennbaren NĂ€he keine Konkurrenten dieselben Typen anbieten.

Zum anderen wird die Order auf einem illiquiden Marktplatz nicht sofort ausgefĂŒhrt. Wenn man ein Papier verkaufen möchte, fĂŒr das kein Gegenangebot vorliegt, kann man entweder warten, bis sich ein KĂ€ufer findet. Doch je lĂ€nger der Verkaufswunsch im Orderbuch steht, desto höher steigt das Risiko, dass der Kurs des Papiers fĂ€llt – aufgrund beispielsweise sich Ă€ndernder wirtschaftlicher oder unternehmensrelevanter UmstĂ€nde. Dann können VerkĂ€ufer nicht mehr den ursprĂŒnglichen Preis erzielen, der bei Orderaufgabe noch gegolten hat.

Wollen Investoren jedoch sofort verkaufen, gehen sie das Risiko ein, einen schlechteren Preis zu bekommen. Der Grund: Der HÀndler, der das Wertpapier in seinen Bestand nimmt, trÀgt nun die Risiken. Hat er alle Informationen, die den Preis des entsprechenden Wertpapiers bestimmen? Wird er es an diesem Handelstag wieder los? Oder muss er es lÀnger halten und geht damit das Risiko eines Kursverlustes ein? Er wird es nur unter einem gewissen Abschlag, das ihm diese Risiken und Kosten abdeckt, in seinen Bestand nehmen.

Verglichen mit dem Autoverkauf heißt dies nichts anderes, als dass der VerkĂ€ufer sein Auto zum Listenpreis anbietet, in diesem Moment es aber niemand haben will. Nun kann der VerkĂ€ufer warten und riskiert einen Wertverlust. Oder er verkauft es an einen HĂ€ndler. Dieser wird ihm natĂŒrlich einen Abschlag auf den Listenpreis geben, der von seinen erwarteten Chancen fĂŒr den Weiterverkauf abhĂ€ngt.

Dieser Abschlag drĂŒckt sich am Aktienmarkt in der Handelsspanne aus. Der theoretische faire Preis (beim Auto der Listenpreis) liegt in der Mitte zwischen Kauf- und Verkaufsangebot.

Die LiquiditÀt eines Wertpapiers hÀngt also von zwei Faktoren ab: Zum einen von der Anzahl der sich im Umlauf befindenden Wertpapiere (die Menge an vergleichbaren Autos desselben Typs), zum anderen von der Anzahl der Marktteilnehmer, die bereit sind, dieses Wertpapier zu kaufen oder zu verkaufen (also wie viele AutokÀufer und AutohÀndler in einer Region auftreten).

Zusammengefasst: Die LiquiditÀtskosten bestehen aus zwei Komponenten, den Kosten durch Informationsrisiken und Kosten der Bestandshaltung. Diese schlagen sich in der Handelspanne nieder, die in Form von Geld- und Brief-Quotes veröffentlicht wird.

lliquide MĂ€rkte erkennen

Wie lĂ€sst sich nun also beurteilen, wie liquide ein Wertpapier ist? Einen Eindruck der vorhandenen LiquiditĂ€t bietet natĂŒrlich der Quote, das dazugehörige Volumen und die Spanne zwischen Geld und Brief. Einen weiteren wichtigen Anhaltspunkt bieten Handelsdaten wie gehandeltes Volumen, Anzahl von Preisfeststellungen, etc. Doch spiegelt die HandelsaktivitĂ€t der Vergangenheit nicht notwendigerweise auch die VerfĂŒgbarkeit in der Zukunft wieder.

Ein Beispiel: Wollte eine Anlegerin Anfang Juli 2012 Aktien des SDAX-Werts Takkt AG im Spezialistenhandel der Frankfurter Börse kaufen, dann wĂ€re durchaus Angebot und Nachfrage im Orderbuch gewesen. Trotzdem: Sie hĂ€tte 9,89 Euro je Aktie zahlen mĂŒssen. Wer zum gleichen Termin verkaufen wollte, hĂ€tte 9,80 Euro fĂŒr die Aktie bekommen. Der Abstand zwischen Geld- und Briefkurs betrug 0,9 Prozent oder 9 Cent. In einem vollkommenen Markt, in dem zu jeder Zeit verkauft werden kann, mĂŒsste der Preis der Aktie dem Mittel zwischen den beiden Preisen entsprechen. Der theoretische Marktwert betrĂ€gt in unserem Beispiel 9,845 Euro. FĂŒr einen Round-Trip (Kauf und Verkauf desselben Wertpapiers) zum gleichen Zeitpunkt wĂŒrde die Investorin also 0,9 Prozent des investierten Geldes zahlen. Zum Vergleich: Ein solcher Round-Trip in Aktien der Commerzbank hĂ€tte die Anlegerin nur 0,08 Prozent gekostet.

Bei einem Geldeinsatz von 10.000 Euro wĂ€ren fĂŒr die Investorin bei beiden Aktien gleichermaßen direkte TransaktionsgebĂŒhren angefallen. Beim Kauf der Aktien von der TAKKT AG hĂ€tte sie eine LiquiditĂ€tsprĂ€mie und damit implizite GebĂŒhren von 90 Euro gezahlt, bei der Telekom jedoch nur 8 Euro. Um die gleiche Bruttorendite bei diesem Investment zu erzielen, muss die Technologie-Aktie des Anlegers entsprechend mehr einbringen.

Diese einfache Rechnung gibt Investoren ein Instrument an die Hand, die Kosten ihrer Wertpapiertransaktionen abzuschÀtzen. Je höher die UmsÀtze in einem Markt, je liquider also, umso geringer fallen diese Kosten aus.

Marktbreite und Markttiefe zÀhlen

Die Differenz zwischen dem tatsÀchlich erzielten Kaufpreis und dem theoretischen Marktwert spiegelt damit die Handelskosten in nicht vollkommen liquiden MÀrkten wieder.

Doch diese Differenz erfasst nur eine Dimension der VerfĂŒgbar. Sie betrachtet nur die Breite des Marktes. Bei den versteckten Transaktionskosten muss auch die Markttiefe einbezogen werden, das heißt die Preise, die fĂŒr verschiedene Transaktionsvolumina gestellt werden. Bei großen Orders von institutionellen Investoren ĂŒbersteigt die Nachfrage hĂ€ufig das Volumen, fĂŒr das Preise gestellt werden. Die Orders werden also gegen mehrere Limits auf der jeweils anderen Seite des Orderbuches ausgefĂŒhrt, wobei sich mit jeder AusfĂŒhrung der durchschnittliche AusfĂŒhrungspreis fĂŒr den Auftrag verschlechtert.

Spezialisten und Designated Sponsors sorgen fĂŒr LiquiditĂ€t

Bei weniger liquiden Wertpapieren sorgen an der Börse Frankfurt Spezialisten fĂŒr die Handelbarkeit.

Im Personen unterstĂŒtzten Xetra Frankfurt-Handel sorgen Spezialisten fĂŒr LiquiditĂ€t, indem sie fortlaufend Geld/Brief-Quotes fĂŒr alle von ihnen betreuten Wertpapiere stellen, zu denen sie bereit sind, das von ihnen betreute Wertpapier zu kaufen oder zu verkaufen und damit ins eigene Buch zu nehmen, falls die passende Gegenseite nicht vorhanden ist.

im klassischen Xetra-Handel erfĂŒllen so genannte Designated Sponsors diese Aufgabe. Diese stellen ebenfalls Quotes mit Volumen. Dabei bestimmt in diesem Marktmodell das Xetra LiquiditĂ€tsmaß, ob die Emittenten der Wertpapiere Designated Sponsors verpflichten mĂŒssen. Dazu werden die Wertpapiere anhand des XLMs in LiquiditĂ€tsklassen eingeteilt.

© August 2012/Edda Vogt, Dorothee Liebing

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