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Wissen: ETFs – börsengehandelte Indexfonds

Grundlagen Börse

Anlageklassen und Wertpapiertypen Teil 4 – eine Einführung für Teilnehmer des Börsenspiels

FRANKFURT (Börse Frankfurt).ETFs – kurz für Exchange Traded Funds - waren in den vergangenen zehn Jahren weltweit so erfolgreich wie kaum eine andere Finanzinnovation - sowohl bei den Profis als auch bei den Privatinvestoren. Obwohl inzwischen knapp 7 Prozent* des weltweit in Fonds investierten Geldes in ETFs verwaltet werden, nutzen erst wenige private Investoren in Deutschland diese Anlageform. In Anbetracht der Vorteile dieser Form börsengehandelter Fonds gegenüber anderen Investmentformen liegen hier einige Chancen brach.

In den USA gibt es ETFs, die dort inzwischen fest etabliert sind, seit 1993. In Deutschland wurden erst im Jahr 2000 die ersten Index-Tracker an der Börse gelistet – mit großem Erfolg, denn die monatlichen Umsätze liegen inzwischen bei etwa 12 Milliarden Euro (Stand 2012).

Passiv statt aktiv

ETFs bilden das Portfolio eines festgelegten Index ab, es werden keine einzelnen Titel für das Portfolio ausgewählt - anders als bei aktiv verwalteten Publikumsfonds, bei denen ein Fonds-Management versucht, mit gezielten Anlageentscheidungen überdurchschnittliche Erträge zu erwirtschaften. Die Messlatte ist in der Regel ein Vergleichsindex.

Der Verzicht auf ein aktives Management macht ETFs erheblich günstiger als klassische Fonds. Die Gebühren variieren, liegen aber meist um 0,5 Prozent jährlich. Bei aktiv verwalteten Fonds schlagen meist 1 bis 2 Prozent und gelegentlich noch eine Erfolgsgebühr zu Buche, die von der Rendite abgehen. Natürlich fallen bei ETFs auch keine Ausgabeaufschläge an, dies ist aber auch bei an der Börse gehandelten Publikumsfonds nicht der Fall. Dasselbe gilt auch für die fortlaufende Preisfeststellung.

Die Geister scheiden sich darüber, ob aktiv gemanagte Fonds diese Zusatzkosten durch eine bessere Performance kompensieren können. Aus der Branche ist häufig zu hören, dass auf Fünfjahressicht nur die wenigsten der aktiv verwaltete DAX-Fonds besser abgeschnitten hätten als der Index selbst. Einzelne Fondsgesellschaften wie die DWS halten dagegen, dass der größere Teil ihrer Produkte über den Benchmark-Indizes liegen.

In einem Punkt können aktiv verwaltete Fonds den passiven Kollegen allerdings überlegen sein. Wenn die Märkte unter Druck geraten und die Indizes an Wert verlieren, dann verbilligen sich auch unweigerlich die an sie gekoppelten ETFs, während ein aktives Fonds-Management die Chance hat, Investments vorher aus dem Portfolio zu nehmen – wenn es diese Chance denn nutzt.

Das Besondere an einem ETF

ETFs sind rechtlich Fonds, d.h. die investierten Mittel werden als Sondervermögen vom sonstigen Vermögen des Emittenten getrennt und bleiben im Fall einer Insolvenz unangetastet. Anders als bei Zertifikaten besteht also kein Emittentenrisiko.

ETF müssen jedoch zwei weitere Kriterien erfüllen:

- Die Veröffentlichung der Zusammensetzung des Portfolios von ETFs erfolgt auf täglicher Basis. Damit erhalten Anleger fortlaufend einen Überblick über die Gewichtung der einzelnen Aktien im Portfolio auf Basis der Schlusskurse vom Vortag.

- ETFs besitzen einen so genannten Creation/Redemption-Mechanismus, der es professionellen Marktteilnehmern erlaubt, jederzeit der Indexzusammensetzung entsprechende Aktienkörbe gegen ETFs (und umgekehrt) mit der Fondsgesellschaft zu tauschen.

Der Name ETFs wird also nur für passiv verwaltete Fonds verwendet, die zudem diese beiden Bedingungen erfüllen, auch wenn eine direkte Übersetzung von Exchange Traded Funds ins Deutsche vermuten ließe, dass damit allgemein börsengehandelte Fonds gemeint seien.

Wissen, was es wert ist: der indikative Nettoinventarwert

Für den Wert eines Fondsanteils wird das Fondsvermögen durch die Anzahl der umlaufenden Anteile geteilt. Steigt der Wert der im Fondsvermögen enthaltenen Investments, erhöht sich auch das Fondsvermögen, beziehungsweise der Wert der Anteile.

Bei einem klassischen Fonds berechnet die Fondsgesellschaft das gesamte Fondsvermögen – den offiziellen Nettoinventarwert – einmal täglich, in seltenen Fällen sogar nur einmal wöchentlich. Im Börsenhandel mit Publikumsfonds ermitteln die Spezialisten fortlaufend Preise mit Hilfe von Referenzpreismodellen und können so während der Börsenzeiten permanent An- und Verkaufspreise stellen.

Für ETFs berechnet entweder die Deutsche Börse, oder alternativ ein vom Emittenten beauftragter Dienstleister, während der Handelszeit mindestens einmal pro Minute den „indikativen Nettoinventarwert“, kurz iNAV. Dabei wird das Fondsvermögen in der Regel auf Basis der Kurse der Einzelpositionen im Fonds-Portfolio ermittelt und die Barmittel des Fonds addiert. Das so berechnete Fondsvermögen, geteilt durch die Zahl der im Umlauf befindlichen Fondsanteile, ergibt den iNAV-Wert, der im Minutentakt wie ein Aktienkurs veröffentlicht wird, u.a. bei boerse-frankfurt.de auf dem Datenblatt der einzelnen ETFs.

Bitte wählen!

Das Angebot an börsengehandelten Fonds wächst kontinuierlich. Im Juni 2012 werden auf Xetra der 1.000. ETF gelistet. Weltweit gibt es 4.000 ETFs. Zum Vergleich: Aktiv verwaltete Publikumsfonds gibt es circa 8.000.

Die ETFs decken alle großen Indizes wie den DAX, den FTSE oder MSCI World ab. Aber auch andere, etwas „exotischere“ Märkte werden gespiegelt: Beispielsweise ermöglichen ETFs auf den S&P GSCI, ein Index-gekoppeltes Investment in Rohstoffe. Einige Anbieter bieten für jeden Euro Stoxx-Sektor einen Branchenfonds, die Länder- und Regionen-ETFs bilden nahezu jeden vorstellbaren Markt weltweit ab. Strategie-ETFs wie der DivDAX-Fonds erleichtern das Verfolgen einer Anlagestrategie mit Dividendenrenditen. Zudem gibt es Themenfonds, z.B. Sharia-konforme ETFs oder ökologisch ausgerichtete ETFs.

Auch das Angebot an Rentenfonds ist umfangreich und deckt alle Anleiheklassen und Laufzeiten ab. Insbesondere in Phasen der Marktkrisen werden Renten-ETFs stärker gehandelt als Aktien-ETFs.

Eine sehr wichtige Gruppe sind die Short-ETFs, die einen Index invers abbilden, und gehebelte ETFs. Diese Instrumente werden insbesondere in volatilen Marktphasen für kurzfristige Engagements genutzt.

- Überblick über alle verfügbaren ETFs nach Typen und Themen sortiert

Xetra mit oder ohne Spezialist

An der Frankfurter Wertpapierbörse werden ETFs sowohl klassisch über Xetra gehandelt und dort von einem Designated Sponsor betreut als auch im Frankfurter Spezialistenhandel. Welchen Marktplatz Sie wählen, hängt zum einen von der Uhrzeit ab, denn der Spezialistenhandel ist von 8 bis 20 Uhr möglich, und letztendlich vom angebotenen Preis. Vergleichen Sie!

Sonderlocke Active-ETFs

Eine besondere Form der ETFs sind die aktiv verwalteten ETFs – kurz Active ETFs. Bei diesem noch jungen Produkttyp trifft zwar ein Management aktiv Entscheidungen, was sie aber von den aktiv verwalteten Publikumsfonds unterscheidet ist, dass sie wie ETFs ein hohes Maß an Transparenz aufweisen und mit mehreren Designated Sponsors über Xetra gehandelt werden können.

Synthetisch oder replizierend

In einem, Anlegern zunehmend wichtigerem Aspekt, lassen sich ETFs unterscheiden, nämlich in der Art der Indexabbildung.

Im Gegensatz zu physisch replizierenden ETFs, die die Werte im Index halten, sind synthetische ETFs nicht in diese Werte investiert. Sie halten stattdessen einen Wertpapierkorb, der ganz anders aussehen kann als der abgebildete Index. Dieser Korb stellt das Sondervermögen als Sicherheit für die Investoren dar, falls der ETF-Anbieter ausfällt. Daneben ist ein Swap-Kontrakt im Portfolio, der die Performance des Wertpapierkorbs mit der Performance des Referenzindex ausgleicht. Swaps sind bilaterale Vereinbarungen, üblicherweise ist der Kontrahent (die Gegenpartei) in einem solchen Swap eine Investmentbank. Dadurch entsteht das jüngst viel diskutierte Kontrahentenrisiko, das schlicht die Gefahr bezeichnet, dass die Gegenpartei im Swap ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt.

Die Befürworter der replizierenden Indizes begründen dies mit der höheren Sicherheit, die Anbieter von Swap-basierten Lösungen mit den niedrigeren Kosten, der Möglichkeit, exotischere Märkte abzudecken und den niedrigen Swap-Quote im Portfolio, die von Emittent zu Emittent zwischen maximal 1 und 10 Prozent liegen kann. Außerdem gibt es gegen Ausfall besicherte Swap-Komponenten.

- ETF-Magazin mit Artikel zum Thema Sicherheit von Swap-ETFs (PDF)

© 13. Juni 2012, Autorin: Edda Vogt

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